Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

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Sonntag, 25. Mai 2014

"Seriöse Unterstützer" oder Putin-Lobby? Die "Kundgebung für den Frieden" am 30. Mai 2014 in Leipzig

Friedenszentrum Leipzig e.V., DGB und Neues Deutschland (als Medienpartner) rufen für den 30. Mai 2014 zu einer "Kundgebung für den Frieden" im Nikolaikirchhof in Leizpig auf. Das Informationsportal russland.ru verspricht in seinem zugehörigen Artikel namens "Kundgebung für den Frieden - auch mit Russland", "anders als so manche "Friedensdemo" der letzten Monate" werde diese Veranstaltung von "seriösen, unterstützenswerten Organisationen" getragen. Weiter unten im Text heißt es dann: "Die Initiatoren kommen aus demselben Kreis wie bei der deutsch-russischen Kundgebung, die im April am Berliner Gendarmenmarkt stattfand".
 Die angekündigte Prominenz besteht aus: 
Konstantin Wecker, Liedermacher
Bend Günther, Regionalvorsitzender DGB
Dr. Volker Külow, Historiker, MdL
Meigl Hoffmann & Karsten Wolff, Kabarettisten
Diether Dehm, Liedermacher, MdB

Folgt man dem link auf russland.ru zur facebook-Seite der Kundgebung, findet man dort als Veranstalter Diether Dehm und Alexej Danckwardt.
Diether Dehm ist derjenige Abgeordnete der Partei Die Linke, der jüngst im staatlichen russischen Auslandsradio "The Voice of Russia" behauptet hatte, deutsche Medien würden von US-Geheimdiensten kontrolliert. Ein Hang zu Verschwörngstheorien ist für den ehemaligen inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter Dehm nichts Neues. Sein Anwalt Horst Winterstein hatte behauptet, die Deutsche Bank habe aufgrunddessen, daß Dehm sie als "Krebsgeschwür für unsere Volkswirtschaft" bezeichnet habe, einen Betrag von mehreren hunderttausend D-Mark an den "Forschungsverbund SED-Staat" gezahlt, damit dieser ihn belaste und mundtot mache. Diese Darstellung findet sich weiterhin auf Dehms homepage. Jüngst hat Dehm von sich reden gemacht, indem er den "Aufruf gegen die Dämonisierung der Montagsmahnwachen" mitinitiiert hat  (kritische Berichte hierzu u.a. bei Potemkin und TAZ). Dehm teile, so heißt es in besagtem Aufruf,
"die Einschätzung nicht, dass es sich bei den Montagsmahnwachen und ihren Teilnehmern im Kern um eine (neu-) rechte Bewegung handelt. Deren Motivation speist sich nämlich zu allererst aus dem Wunsch, drohenden bzw. realen Kriegsgefahren in der Ukraine, in Syrien und anderswo entgegen zu stehen."
Alexej Danckwardt ist Anwalt in Leipzig, ebenfalls Mitglied der Linkspartei (Kandidat der Stadtratswahl Leipzig 2014) und russischer Patriot. Danckwart war bereits bei der "Kundgebung für Frieden und Dialog mit Russland und der Ukraine" am 23.4.2014 in Leipzig Anmelder und rechtlich verantwortlicher Sammlungsleiter gewesen, unterstützt hatte die Demonstration das Deutsch-Russische Zentrum Sachsen e.V. . Auf seiner eigenen Facebook-Seite kann man auch nachlesen, daß er bei der Solidaritäts-Demontration in Berlin vom 30.4.2014 ebenfalls dabei war. Er schreibt, er habe erst im Nachhinein erfahren, daß u.a. die AfD hierzu aufgerufen habe und bedauert:

"Leider haben sich die prorussischen Aktivisten von einigen kruden rechtspopulistischen Randgruppen vereinnahmen lassen, die im wesentlichen die Rednerliste dominiert haben. Entsprechend mager war die Reaktion auf diese - recht langweiligen - Reden. Für die nächste Demo wollen sie die Lehren daraus ziehen und die Demo selbst anmelden und vollständig organisieren. Bleibt zu hoffen, dass dann auch die Beteiligung reger wird. Für meinen Teil bin ich seit Beginn der Ukraine-Krise enttäuscht von der Passivität der Linken. Man kann viel über Antifaschismus quatschen, aber wenn in dem Moment, wo es darauf ankommt, Taten ausbleiben, dann kann man sich das Gequatsche bei Rotwein auch sparen."
 
Auf Kritik an seiner Teilnahme an dieser Querfront-Veranstaltung sowie am nationalistischen Charakter des Demonstrationszuges verteidigt er sich mit den Worten, er gehe "für sein Land auf die Straße" sowie "gegen den EU-Imperialismus" und konstatiert dann einigeraßen trotzig:
"Und ja, wenn der Traum vom Wiederentstehen der Sowjetunion "russischer Imperialismus" ist,, dann bin ich "russischer Imperialist", denn ich träume davon schon seit 1991, meinem 16 Lebensjahr. Dann ist auch Michael Gorbatschow "russischer Imperialist". Und Millionen und Abermillionen anderer Ex-Sowjetbürger".


Den Tag des Sieges am 8. Mai 2014 hat Danckwardt offenbar zusammen mit Sven Wöhl (Landesvorstand Linkspartei Sachsen) festlich im Generalkonsulat der Russischen Föderation begangen:



Man scheint gute Beziehungen zu pflegen und sich darin auch von Putins Völkerrechtsverstoß in keinster Weise beirren zu lassen. Mir kommt angesichts dieser offenbar auf alte Zeiten zurückgehenden Verflechtungen der Bericht der Welt in den Sinn, der zufolge der russische Auslandgeheimdienst sich gezielt mit Mitarbeitern von deutschen Politikern, Stiftungen und Ministerien sowie Wissenschaftlern anfreundet, um das so entstehende Netzwerk zu nachrichtendienstlichen, aber auch propagandistischen Zwecken zu nutzen. Einige Abgeordnete der Linkspartei, angefangen mit Ulla Jelpke und Wolfgang Gehrcke, hatten daraufhin eine Kleine Anfrage gestellt. Zum einen wird in dieser Anfrage die Seriosität der Warnung des Verfassungssschutzes angezweifelt und argumentiert, Angehörige der Russischen Botschaft, die sich offen als Mitarbeiter und mit echten Namen präsentieren, dürften nicht "in den Ruch kriminieller Spionage" gestellt werden, denn dies stelle den "Dialog mit Rußland unter Generalverdacht":

"Die Fragesteller gehen im Übrigen davon aus, dass Gesprächskontakte zu einheimischen Politikern zum üblichen Geschäft von Botschaftsangehörigen gehören, inklusive gelegentlicher Einladungen zum Abendessen."

 Zum anderen fragt man - neben Seitenhieben auf NSA und westliche Überwachungspraktiken - dann doch etwas besorgt, "wie häufig Angehörige der russischen Botschaft in Berlin zu deutschen Politikerinnen und Politikern bzw. deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kontakte aufgebaut haben mit dem Ziel, an eingestufte Informatione zu kommen, und mit welchen Methoden wird dieses Ziel festgestellt, um
sicher zwischen harmlosen Kontakten und Spionagekontakten zu unterscheiden", außerdem will man wissen, ob bereits ein bloßer konspirativer „Kontakt“ zu einem fremden Nachrichtendienst strafbewehrt und wie hier "konspirativ" zu definieren sei.

Einer geheimdienstlichen Tätigkeit möchte ich Danckwardt hier nicht verdächtigen, eine gewisse propagandistische Tätigkeit läßt sich jedoch durchaus erkennen. Auf seinem FB-Profil findet sich einiges an russisch-national gesinntem visuellen Material, samt Lob für Putins Politik des starken, sportlichen Mannes. Die ukrainischen Wahlen am 25. Mai 2014 sieht Danckwardt als "Farce" und teilt auf seiner Seite das Bild eines offenbar von prorussischen Separatisten hochgehaltenen Transparentes mit der Aufschrift ""Wir kennen uns mit verschiedenen Sorten Kot nicht aus und werden daher am 25.05. nicht wählen" (Bild obere Reihe rechts außen).

                                                                                

Konstantin Wecker, der auf dem Plakat der "Kundgebung für den Frieden" mit seinem Konterfei wirbt, schien sich in den letzten Wochen unschlüssig zu sein, was er von den Montagsmahnwachen zu halten habe und ob er sich seinem Kollegen und Freund Prinz Chaos anschließen und den Vereinnahmungsversuchen nachgeben oder doch lieber mehr Distanz wahren solle (für eine kurze, im Laufe des letzten Tages getätigte Kommentarmeldung, die auf dezidiertere Haltung schließen läßt, siehe weiter unten). Er sprach im April in einer öffentlichen Stellungnahme auf den "Nachdenkseiten" davon, sich eindeutig positioniert zu haben, schwankte angesichts leicht überprüfbarer Tatsachen für meinen Geschmack denn aber doch allzu diplomatisch verklärt hin und her:

"Und was ist, frage ich mich, wenn Ken Jebsen wirklich Unrecht widerfahren ist, wenn er diffamiert wird, zum Beispiel wegen einer Mail, die er, wie ich es dem Netz entnehmen konnte, bestreitet geschrieben zu haben? Wie schnell ist das heute möglich! Man sollte schon sehr, sehr vorsichtig sein, jemandem als “Antisemiten” zu stigmatisieren. Nur sehe ich dann andererseits, dass Ken Jebsen seit geraumer Zeit intensiv mit dem Herrn Elsässer kooperiert. Und das schreckt mich dann wieder ab."

Auch ist in seinem Schreiben die Rede davon, daß Elsässer auf der vorangegangenen Berliner Montagsdemo "sehr links und ausgesprochen völkerbindend, ja, wie ein waschechter Antirassist" gesprochen habe. Wecker scheint einigermaßen verwirrt und fragt angesichts ganz anders klingender Töne Elsässers in anderem Kontext:

"Ist er nicht doch ein Wolf im Schafspelz? Ich will wirklich niemandem Unrecht tun. Ich höre auch, dass Ken Jebsen dem Herrn Elsässer wegen dessen Homophobie sehr öffentlichkeitswirksam die Luft aus dem Schlauch gelassen hat. Ansonsten ist auch mir klar, dass in der aufgeheizten Atmosphäre dieser Tage laufend neue Feindbilder konstruiert werden. Das stört mich."

Wecker will zwar mit Antisemitismus, Rassismus und Homophobie definitiv nichts zu tun haben, scheint aber doch von der scheinbaren Aussicht auf eine breite Bewegung "für den Frieden, gegen Ausbeutung und für eine bessere, würdigere Welt" angezogen zu sein und glaubt, mit seiner an dieser Stelle getroffenen persönlichen Distanzierung bereits Spreu von Weizen getrennt zu haben:

"Und dann findet sehr schnell eine Unterscheidung statt zwischen völkischen Ideologen und kritischen Friedensbewegten. Mit “Frieden für ein starkes Deutschland” kann man bei mir definitiv nicht punkten. Nicht in den 80ern und auch nicht heute. Und damals waren mir übrigens auch jene Stalin-Linken sehr suspekt, die sowjetische Atomraketen irgendwie viel besser fanden als amerikanische."

Man möchte ihm sagen: Herr Wecker, Ihre Aufgeschlossenheit und Ablehnung von Stigmatisierungen in allen Ehren, aber wenn es Ihnen wirklich nicht um den opportunistischen Versuch, Protestpotential gleich welcher Art abzuschöpfen geht, sondern um echte Friedenspolitik, schauen Sie genauer hin! Es ist nicht so schwer.... Abstrus wird Wecker jedoch da, wo er auf seiner Webseite "Hinter den Schlagzeilen" erklärt, warum deren Kommentarfunktion abgeschaltet wurde. Anstatt zu vermuten, daß seine potentiellen neuen Montags-Verbündeten ihn sanft in die rechte Richtung hätten weisen wollen, sieht er bei einer offenbar einigermaßen unangenehmen Kommentarschwemme ganz andere Kräfte am Werk und schreibt - womit er sich dann doch wieder in das Querfront-Milieu begibt - folgendes:

"Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um zu vermuten, daß die zunehmenden Lähmungsversuche von HDS nicht ganz zufällig erfolgen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterhält z.B. eine ganze Abteilung dafür, kritische Portale, Wikipedia, soziale Netzwerke und Foren mit Shitstorms zu überziehen, Friedensbewegungen ins Zwielicht zu rücken, Linke zu skandalisieren und deren Medien handlungsunfähig zu machen. Von Geheimdiensten will ich hier gar nicht sprechen
Es gibt jedenfalls Kreise, die mehr oder weniger professionell und finanziell gut ausgestattet darauf aus sind, bei radikaldemokratischen, kritischen Menschen Arbeitskraft zu binden, damit die Gegenwehr gegen die Profiteure von Krieg und Finanzkapitalismus erlahmt. So nach dem Motto: Wenn Linke schon übrig bleiben, so soll wenigstens von der Zeit Linker und deren Nerven wenig übrig bleiben.
Unter diesen Angriffen aus dem “heldenhaften” Incognito des Internets haben einige linke Medien schon aufgegeben."

Es folgt die Aufzählung einiger einschlägiger Querfront-Medien als Beispiele für linke Projekte, die durchgehalten hätten, Belege für seine Behauptungen bezüglich der Konrad-Adenauer-Spezialabteilung finden sich hingegen nicht.Zu hoffen läßt jedoch, daß Wecker laut der FB-Seite Aluhut für Ken zumindest in einem kurzen FB-Kommentar klargestellt hat, daß es zwar jedem frei stehe, zu den Montagsmahnwachen hinzugehen, er sich aber für andere Wege entschieden habe und Antifaschist bleibe.

Unter der weiteren angekündigten Prominenz fällt Volker Külow auf. Dr. Volker Külow ist ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter, der seine Spitzeltätigkeit (u.a. Verrat von kritischen Studenten und Professoren an seiner Universität) wohl auch heute noch "in Ordnung" und für "legitim" befindet sowie  obendrein mit Ausfälligkeiten gegenüber dem Direktor "Sächsischen Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft" und Stasi-Opfer Siefgried Reiprich aufgefalle war. Külow scheint die Kundgebung u.a. auch als Wahlkampfveranstaltung für die Landtagswahlen Sachsen im August 2014 zu dienen.

Warum mich das alles interessiert?
Weil ich einen Staat, der die Opfer eines 150 Jahre alten Genozids mit der Ausrichtung von Olympischen Spielen an historisch symbolträchtigen Ort verhöhnt und imperiale Ambitionen wiederbelebt, der Minderheiten repressiert und eine zunehment autoritäre, klerikale und faschistoide Regierungsideologie pflegt, in seiner Außenpolitik mit völkischem Nationalismus zu punkten sucht und mit neurussischen Irredentismus die völkerrechtliche Nachriegsordnung Europas zu zerstören sucht sowie den syrischen Bürgerkrieg mit Waffenlieferungen an Assad und Blockade des UN-Sicherheitsrates künstlich verlängert und entsprechende Kritik selbst im Ausland mit politischem Druck und Geheimdienstmethoden zu unterbinden sucht, nicht für eine "Friedensmacht" halte. Weil ich diejenigen, die Putins Politik unterstützen oder relativieren, nicht für Pazifisten, nicht für herrschaftskritische Linke, Kolonialismus-Kritiker und Antifaschisten, ja, nicht einmal für Demokraten halte. Ich verweise an dieser Stelle auf den Artikel "Entschuldigen Sie Bitte - Wie weit ist es von Simferopol nach Grozny", dessen Argumentation ich hier im Großen und Ganzen sehr passend finde. Und nicht zuletzt: weil diese Art von Krypto-Bolschewismus die politische Aufarbeitung des Völkermords an den Tscherkessen wie auch anderer Fälle von russischer kolonialer Gewalt blockiert.

Außerdem stellt sich angesichts der sowjetnostalgischen Töne, die sich hier einstellen, dem Reaktivieren alter Verbindungen und Loyalitäten die Frage, inwieweit die klassische Friedensbewegung der 1990er und 2000er wirklich eine politisch unabhängige pazifistische Bewegung war oder es sich bei ihr in guter alter Sojwettradition um einen Etikettenschwindel handelt, der da, wo "Frieden" draufsteht, für ein totalitär ausgelegtes kommunistisches System wirbt. Ich jedenfalls möchte mich keiner "Friedensbewegung" anschließen, die insgeheim von einer wiederauferstandenen Sojwetunion samt Väterchen Stalin träumt und dafür alles zusammen bindet, was das Land an Rotbraunem und Antidemokratischem zu bieten hat.

Aber zurück zur Konkretem und der hier unter die Lupe genommenen Demonstration. Ihr  Ziel wird wie folgt umrissen:

"Die Organisatoren in Leipzig wollen – 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten und 75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs – vor allem ein Zeichen setzen gegen die auch von westlicher Seite vorangetriebene Eskalation in der Ukraine-Krise."

Das Portal russland.ru, das auf diese Weise Werbung für die Demonstration macht, nennt sich ungebunden, unabhängig und überparteilich. Ein Blick aufs Impressum zeigt einen Sitz im Oblast' Kaluga und eine Registrierung beim Ministerium für Presse-, Fernseh- und Radioangelegenheiten in Russland. Wikipedia verrät dazu noch eine Kooperation mit der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti von 2003-2009 und einen angegliederten Internetkanal namens Russland.tv, der sich in nicht unbeträchtlichem Umfang aus den Berichten von Russia Today speist. Mitverantwortlicher ist Michail Sacharow, der, ebenfalls laut wiki, "sich um den Kontakt mit russischen Funktionären kümmert" und mit NTV assoziiert ist (er hat dort u.a. eine Spielesendung moderiert). Noch interessanter für diesen blog: Eines der Projekte von russland.ru war auch eine eigene Berichterstattung über die Olympischen Winterspiele Sotschi 2014 unter http://www.sotschi-2014.ru/.

Geschmackvollerweise wurde der Aufruf zur "Kundgebung für den Frieden - auch mit Russland", die vorgeblich an 100 Jahre 1. Weltkrieg und 75 Jahre 2. Weltkrieg erinnern will, am 21. Mai 2014 geschaltet, dem Tag, an dem Tscherkessen in aller Welt an ihre Niederlage vor 150 Jahren und den an ihnen vom Russischen Reich begangenen Völkermord gedenken. Hieran erinnern weder russland.ru noch die angekündigten Polit-Promis.

                                                                                                     Irma Kreiten


Nachtrag:So versteht Alexej Dankwardt die (post-)sowjetische Völkerfreundschaft, heute frisch eingestellt auf seine FB-Chronik:





Andernorts läßt sich nachlesen, daß die tschetschenischen Soldaten, die offenbar auf Seiten prorussischer Kräfte in der Ukraine kämpfen, u.a. von Putins Statthalter Kadyrow unter Gewaltandrohung zwangsrekrutiert werden (hier die russische Meldung).



Samstag, 24. Mai 2014

Flagge zeigen auf dem Maidan: Gemeinsame russisch-ukrainische Aktion zum Tag des Völkermordes an den Tscherkessen


Der in Berlin lebende russische Intellektuelle Ilia Ryvkin hat anläßlich seines Aufenthaltes in Kiev diese, wie ich finde, sehr schöne Aktion organisiert. Das Bild zeigt die tscherkessische Fahne und ein Transparent, das an das Ende des russisch-kaukasischen Krieges am 21. Mai 1864 und damit den Völkermord an den Tscherkessen erinnert, aufgenommen mit Blick auf den Maidan. Ilia Ryvkin war bereits am "Russisch-Tscherkessischen Bündnis für Gerechtigkeit" maßgeblich beteiligt gewesen, das im letzten Dezember in Berlin eine Demonstration veranstaltet hatte (auf meinem blog hatte ich hier darüber berichtet). Einen kritischen Beitrag von Ryvkin zum Sonntaz-Streit zum Thema "Ist Putin gut für Rußland?" vom März 2014 kann man hier ungekürzt nachlesen. Chapeau vor seinem Engagement und dem seiner Mitstreiter!




 

150 Jahre Genozid an den Tscherkessen: Presseerklärung der GfbV zum 21. Mai 2014

Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat anläßlich des Trauertags der Tscherkessen die unten wiedergegebene Presseerklärung veröffentlicht und damit auch an die heutige durch und durch schwierige Situation der Tscherkessen sowohl im Nordkaukasus als auch der Diaspora erinnert. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch verweisen auf den meines Wissens einzigen Artikel in der deutschen Presse, der sowohl auf den Jahrestag des Genozids eingeht als auch die aktuellen Repressionen im Kaukasus und einen Fall tödlicher rassistischer Gewalt gegen einen jungen Tscherkessen schildert. Der Artikel stammt von der Autorin Elke Windisch, die bereits mehrfach über die Tscherkessen und den von ihnen erlittenen Völkermord berichtet hatte und ist unter dem Titel "Putins Rußland. Zivilgesellschaft in der Defensive" im Tagesspiegel erschienen. Hier nun aber der Text der GfbV:

Vor 150 Jahren: Ende des russisch-kaukasischen Krieges – Beginn des Völkermordes an den Tscherkessen (21. Mai 1864)
Nachfahren der Genozidopfer leiden bis heute – Bewegung der Tscherkessen unter Druck
 
Göttingen, 20. Mai 2014

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erinnert an den Beginn des Völkermordes an den Tscherkessen vor genau 150 Jahren. „Bis heute leiden die Nachfahren der Genozidopfer unter dem nicht aufgearbeiteten Kolonialverbrechen der kollektiven Vertreibung ihres Volkes durch die russische Regierung nach dem Ende des russischen-kaukasischen Krieges am 21. Mai 1864“, berichtete die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke, am Dienstag in Berlin. „Historiker schätzen, dass damals rund eine Million Menschen ums Leben kamen.“

Die Nachfahren der Tscherkessen sind heute über die ganze Welt zerstreut. Im Kaukasus sollen wieder knapp 900.000 leben. Im Zuge der Vorbereitungen für die Winterolympiade ist zwar eine tscherkessische Bewegung entstanden, die sich für die Anerkennung der Verbrechen gegen die Tscherkessen und Möglichkeiten zur Rückkehr besonders von tscherkessischen Flüchtlingen aus Syrien in die frühere Heimat ein. Doch von lokalen Machthabern wird Druck gegen diese Bewegung ausgeübt und immer wieder kommt es auch zu Festnahmen.

So wurde Beslan Teuwashew am 19. Mai in Moskau von Mitarbeitern des Innenministeriums festgenommen, als er gerade Bänder aus einer Druckerei abholte, die zum 150. Jahrestag des Endes des russisch-kaukasischen Krieges und damit der Vertreibung der Tscherkessen aus dem Nordwestkaukaus vorbereitet worden waren. Drei tscherkessische Studenten aus Syrien wurden ausgewiesen, weil sie sich an pro-tscherkessischen Demonstrationen beteiligt haben sollen.

In der Region kommt es auch immer wieder zu massiven rassistischen Übergriffen gegen Tscherkessen. So brach am 11. Mai in einem Café in Krasnodar eine Massenschlägerei aus. Die Täter fragten, wer Russe sei. Alle anderen schlugen sie zusammen. Acht Personen mussten danach medizinisch behandelt werden. Unter ihnen der 25-jährige Tscherkesse Timur Aschinow. Er starb nach einer Operation am 13. Mai. Am 15. Mai wurde er beerdigt. Die rund 400 Trauergäste zogen danach nach Krasnodar und blockierten eine Autobahn. Sie verlangten eine unabhängige Untersuchung des Todes und die Bestrafung der Täter.

Die Rückkehr von Tscherkessen besonders aus Syrien oder von Flüchtlingen aus der Türkei in den Nordwestkaukasus ist schwierig: 2014 dürfen zum Beispiel nach Adygea nur 300 Tscherkessen zurückkehren, 150 weniger als 2013. Tausende Tscherkessen aus Syrien haben deshalb Zuflucht in der Türkei gesucht. Viele wurden dort von tscherkessischen Familien aufgenommen. Als diese Möglichkeit erschöpft war, mussten sie ins Flüchtlingslager Nizip. Dort soll es nach Berichten von Augenzeugen zu Übergriffen auf tscherkessische Familien gekommen sein und die Menschen versuchen, in die türkischen Großstädte weiter zu ziehen, um dort Arbeit zu finden. Sie klagen über mangelnde Unterstützung durch die internationalen Organisationen, Hilfe wird wenn, dann meist privat und über kleine tscherkessische Vereine organisiert und reicht nicht aus.

Samstag, 17. Mai 2014

Friedensaktivisten mit Schlagseite: Dietrich Schulze und die Zivilklauselbewegung

Folgender Text geht anläßlich der Podiumsdiskussion zu "Ethik der Wissenschaften und militärische Forschung" an die Teilnehmer des Symposiums "Immer noch: KRIEG! Vom Giftgas zur Drohne - Wissenschaftliches Symposium im Rahmen der 22. Europäischen Kulturtage „2014 - 1914. Frieden + Krieg“ 16.-18. Mai 2014" in Karlsurhe. Ich möchte hiermit eine öffentliche Diskussion anregen, wo diese bisher durch Ignorieren, schweigendes Aussitzen und sonstiger Repression von Kritik unterblieben ist. Es geht mir hierbei sowohl im speziellen um den Völkermord an den Tscherkessen und den Umgang hiermit in der deutschen Öffentlichkeit, als auch um das Problemfeld, das sich aus dem zunehmenden Einfluß der russischen Regierung auf deutsche friedenspolitische/ linke Kreise ergibt.



Gratulationsschreiben an Putin zum Völkerrechtsbruch - Wie neutral ist die Zivilklauselbewegung?

Die westdeutsche Friedensbewegung hat sich in den 1980ern für sowjetische Interessen instrumentalisieren lassen, dies kann mittlerweile über Archivquellen zweifelsfrei nachgewiesen werden. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR schienen die alten Abhängigkeiten vom “Friedenskampf” à la Russe passé. Ich selbst habe jahrelang viel Zeit und Energie für die Friedensbewegung aufgewandt, im Bewußtsein, mich für einen gemeinnützigen, überparteilichen Zweck einzusetzen. Für meine Doktorarbeit habe ich in Fortführung dieses Engagements die russische Kolonialpolitik und das Entstehen genozidaler Gewalt im Nordwestkaukasus/ der Schwarzmeerregion als Thema gewählt.

Ich habe am eigenen Leibe erlebt, was Militarisierung wissenschaftlicher Forschung bedeutet. In meinem Forschungsumfeld (DFG-Projekt“Kriegserfahrungen”) wurde mir Kolonial- und Militärapologetik aufgedrängt. Nachdem ich mich widersetzt und den Vernichtungsaspekt des russischen Eroberungskrieges nicht wegretuschiert habe, bin ich massiv unter Druck geraten. Heute fühle ich mich doppelt getäuscht: von universitärer Seite, da Sinn und Zweck des Großforschungsprojektes nicht offengelegt wurden, aber auch von linker, friedenspolitischer Seite, deren Schweigen, Wegsehen und unsolidarisches Verhalten ich mir jahrelang nicht erklären konnte. Die aktuelle Krise der deutsch-russischen Beziehungen hat mir (wie auch anderen) nun endgültig die Augen geöffent: es sind die trotz allen Abstreitens vorhandenen Sympathien für russische Großmachtinteressen, die dazu führen, daß linke Friedensaktivisten um Themen wie den Völkermord an den Tscherkessen einen großen Bogen machen. Die eigenen Allianzen und entsprechenden Rücksichtnahmen scheinen dabei ungleich ausschlaggebender zu sein als jeglicher Einsatz gegen Kriegslogik und für historische Aufarbeitung.

Zivilklausel-Initiator Dietrich Schulze sieht Putin als “Verbündeten”

Anläßlich von Putins Rede zur „Wieder-Eingliederung“ der Krim am 18.3.2014 haben deutsche „Kulturschaffende“ eine Art Gratulationsschreiben aufgesetzt: die Unterzeichner äußern Verständnis für Putins Vorgehen, bezeichnen ihn als „Verbündeten“ und wünschen ihm „Kraft, Stehvermögen, Klugheit und Geschick“. Der Text ist durchsetzt von völkischen Bildern und militaristischen, sowjetpatriotischen Reminiszenzen. Er wirbt zudem für ein Eurasien-Projekt, bei dem sich nicht erkennen läßt, ob es sich hierbei um Putins erklärtes Ziel einer Wirtschaftsunion oder die neofaschistische Ideologie seines Beraters Alexander Dugin handelt. Dietrich Schulze hat diesen Brief zusammen mit Vertretern der klassischen Friedensbewegung, aber auch Verschwörungsideologen, Jürgen Elsässer-Fans und ehemaligen Ostblock-Kadern unterzeichnet.

Als einmaligen „Patzer“ möchte ich das nicht bezeichnen, da Schulze selbst sich in einem ähnlich gearteten Umfeld bewegt (u.a. Neue Rheinische Zeitung und Ossietzky, beide antisemitisch und der neurechten „Friedensbewegung 2014“ bzw. nationalbolschewistischen Positionen zugeneigt) und die gleichen Argumentationsmuster bedient. So hatte er mich im Juni 2013 eingeladen, in Karlsruhe über Militarisierung & Wissenschaftsfreiheit zu sprechen. Nach meiner Anreise schlug er dann vor, den Völkermord, um dessen Aufklärung es mir ja ursächlich geht, „wegzulassen“. Begründung: die gegenwärtige „Einkreisung“ Rußlands durch „den Westen“; mögliche Problemstellen der russischen Politik seien als rein „reaktiv“ gegenüber der westlichen Aggression zu werten. Um das Verschweigen russischen Kolonialismus und die gespielte Ignoranz in linken Kreisen hat es anschließend noch mehrfach Konflikt gegeben, er endete einem begründungs - und kommentarlosen Kommunikationsabbruch von Seiten Dietrich Schulzes.

Widersprüchliches und Problematisches:

  • Die Zivilklauselinitiative ist eng mit der Partei „Die Linke“ verbunden, tritt jedoch als unabhängig in Erscheinung. Eine zivilgesellschaftliche, sich gemeinnützig gebende Bewegung muß transparent vorgehen, sie sollte zumindest ihre personalen und inhaltlichen Abhängigkeiten offenlegen.
  • Frieden“ darf nicht mißbraucht werden als Schlagwort, um für andersgeartete politische Ziele zu werben. Eine Parteinahme für das repressive Vorgehen der russischen Regierung und ihrer Verbündeter ist keine Friedens-, sondern geopolitisch konnotierte Großmachtpolitik. Originäre friedenspolitische Positionen werden durch diese Art Doppelmoral diskreditiert.
  • Die Zivilklauselbewegung hat weder der Militarisierung deutscher Universitäten Einhalt geboten noch einzelne Wissenschaftler beschützt. Schulze weiß spätestens durch meinen Fall, daß eine nicht-bellizistische Haltung dramatische Konsequenzen haben kann. Entgegen seiner Beteuerung, an meiner Rehabilitierung interessiert zu sein, ist es in letzter Konsequenz nur um meine parteipolitische Verwertbarkeit gegangen, bin ich samt zusätzlichem Schaden sang- und klanglos fallengelassen worden. Mich stört das instrumentelle Verhältnis zu Menschen, die Gleichgültigkeit und der moralische Defätismus, die hierin zum Ausdruck kommen sowie die fehlende Wertschätzung wissenschaftlicher Redlichkeit.
  • Wer weiß, daß für Betroffene keine Anlaufstellen existieren und im Zweifelsfall auch keine öffentliche Unterstützung zu mobilisieren ist, handelt unverantwortlich, wenn er/sie weiterhin junge Menschen rekrutiert, ihnen „Zivilcourage“ predigt, dabei Grenzen und mögliche Konsequenzen verschweigt und Menschen wie mich auch noch daran hindert, dies nachzuholen. Zusammen mit einer Koppelung an Fremdzwecke wird Zivilklausel-Aktionismus hier vollends zu Agitprop und Rattenfängerei.
  • Wer Friedenspolitik betreiben will, muß selbst dialogfähig sein. Was ich in den entsprechenden Kreisen beobachte, ist ein ressentimentbeladener Populismus; Kritik wird mit schweigendem Aussitzen, Ausfälligkeiten und Einschüchterungsversuchen neutralisiert. Distanzierung zu neurechten Kreisen (Jebsen u. Co.) bleibt bisher weitgehend aus. In linken Internetforen tobt unter Mitwirkung von Parteimitgliedern ein rotbrauner Mob. Gewalt gegenüber Indigenen wird u.U. samt Völkermord als Staatsräson gerechtfertigt. Wer nicht einstimmt in den Chor der Putin-Fans wird als „Nazischwein“, „Zionist“, „Nato-Nutte“, „Kriegstreiber“, „jüdische Hure“ beschimpft. Insgesamt vertraut man angesichts des vorhandenen Machtgefälles wohl darauf, daß die tscherkessische Diaspora, ich und weitere kritische Linke es nicht schaffen werden, das Verhalten dieser Friedenskämfer öffentlich zu machen und eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe zu fordern.

     Angesichts des Fehlens einer sachlichen, inhaltlichen Auseinandersetzung Dietrich Schulzes mit seinen Gegnern hier abschließend meine kritischen Fragen an die Befürworter militärisch-akademischer Kooperation: Sie argumentieren juristisch mit “Wissenschaftsfreiheit”. Sind Sie bereit, sich auch für die Freiheit Ihrer nicht-kooperierenden Kollegen und deren Schutz vor Diskriminierung einzusetzen? Wie wollen Sie sicherstellen, daß es hier nicht zu Wettbewerbsverzerrung und wissenschaftlichem Niveauverlust kommt? Militärische und wissenschaftliche Logiken gehen nicht Hand in Hand: Kriegshandwerk ist nicht um Wahrheit und Wahrheitssuche, sondern Sieg und Niederlage bemüht. Ist Wissenschaft auch noch Wissenschaft, wenn sie nicht mehr ihren eigenen Regeln folgt, sondern unmittelbar politisch und militärisch zweckgebunden ist? Die deutschen Geisteswissenschaften haben in diesem Sinne in Kolonialzeit und Nationalsozialismus eine beschämende Rolle gespielt - wird nun nicht erneut das wissenschaftliche Feld als solches zerstört? Ist es akzeptabel, daß in der öffentlichen Debatte auf abstrakte Weise Wissenschaftsfreiheit, Militarisierung und Ethik verhandelt werden, gleichzeitig aber die Aufarbeitung des Völkermordes an den Tscherkessen weiterhin behindert und unterbunden wird, die Folgen dieser Politik als „Privatproblem“ abgetan und ignoriert werden? Ich darf darauf aufmerksam machen: Deutschland ist außerhalb des Nahen Ostens das Land mit der größten tscherkessischen Diaspora. Im Jahr 2014 jährt sich nicht nur der Beginn des Ersten Weltkrieges, sondern auch der 21. Mai 1864 - das Schlüsseldatum des Genozids an den Tscherkessen. 

                                                                                                     Irma Kreiten, Historikerin / Ethnologin   
                                                                                                     email: irmakreiten(at)gmail.com 



Mittwoch, 14. Mai 2014

"Kraft, Stehvermögen, Klugheit und Geschick": Deutsche Querfront gratuliert Putin zum Völkerrechtsverstoß

Der "Völkermord an den Tscherkesssen" ist, nach einigen wenigen Artikeln, Fernseh- und Radiobeiträgen im Umfeld der Olympischen Spiele wieder in der medialen Versenkung verschwunden. Ähnlich ergeht es Themen, die im weiteren Sinne mit der post-/neokolonialen Situation im Nordkaukasus und der nordkaukasischen Diaspora in Verbindung stehen. Deutschland ist außerhalb des Nahen Ostens das Land mit der größten tscherkessischen Diaspora, es leben in Deutschland weitaus mehr Tscherkessen als in den gesamten USA. Trotzdem  existiert in Deutschland nach wie vor keine ensprechende mediale Durchlässigkeit, eine angemessene Berichterstattung findet nicht statt. Eine politische Debatte, die auch einiges in Bezug auf unsere eigene Vergangenheit und politische Gegewart zu sagen hätte, bleibt damit ebenfalls aus. Nicht deswegen, weil es keine Menschen gäbe, die auf die entsprechenden Themen aufmerksam zu machen versuchen, sondern weil diese nicht gehört, nicht ernst genommen, bzw. ihre Äußerungen und Anliegen aus dem öffentlichen Diskurs ausgefiltert oder auch schlicht übergangen und ignoriert werden. 

Der Ukraine-Konflikt macht nun Schritt für Schritt deutlich, wie diese Mechanismen des Filterns funktionieren, wo zugunsten eigener Interessen pro Putins Expansions- und Repressionspolitik das Wort ergriffen und anderes niedergehalten wird, wo die politischen und wirtschaftlichen Allianzen liegen und wie die damit einhergehenden Interessen und Befindlichkeiten demokratisches Denken, Berufsethik und rechtsstaatliche Verhaltensweisen aushebeln. Eine kritische Gegenöffentlichkeit, die ergänzend und korrigierend zur Berichterstattung  der sogenannten "Konzernmedien" das Wort ergreifen würde, fällt beim Thema "Tscherkessen" weitgehend aus. Was zunächst überraschen muß ist, daß "Alternativmedien" und "linke Gegenöffentlichkeit"  zwar bei anderen Themen durchaus kritisch agieren können, sich speziell bei diesem Themenbereich aber weitgehend konform verhalten und genau das ignorieren, zensieren und repressieren, was auch bei den großen Tageszeitungen, den staatlichen Fernsehkanälen, Radiosendungen und der öffentlichen politischen Debatte schon zu kurz kommt. Einer der Hauptgründe hierfür meines Erachtens: eine pro-russische Querfront-Bildung, die die Haltung konservativer Wirtschaftseliten ergänzt.
 
Was ich hier versuchen möchte ist, so gut es geht diese gemeinsamen Interessen zwischen Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit, zwischen extremistischer Querfront und konservativen Eliten herauszuarbeiten. Tunächst soll es um den linken und rechten Rand und die sich hier bildenden Querfront-Allianzen gehen. Bisher hat sich zwar Kritik an den antisemitischen und verschwörungstheoretischen Tendenzen der Montagsdemo-Macher geregt, daß es bei diser neuen Bewegung ganz wesentlich auch um das deutsche Verhältnis zu Rußland geht, ist bisher unterbelichtet geblieben. Die Erkenntnis, daß es sich hier nicht nur um zufällige und rein spontane Zusammenschlüsse handeln wird, sondern im Umfeld von Elsässer durchaus gezielt ein duginscher Eurasismus propagiert wird, setzt sich nur langsam durch. Dabei ist gerade Putin als autoritäre Symbolfigur eines der wesentlichen Vehikel, die für den Zusammenschluß antidemorkatisch und extremistisch eingestellter Linker und Rechter sorgen.

Von Jutta Ditfurth etwa, die bisher als die prominenteste Kritikerin von Jebsen und Mährholz in Erscheiung getreten ist, sind bislang keine dezidierten Äußerungen zu Putins innenpolitische Repressionen, zu seiner militaristischen Expansionspolitik und der faschistischen Eurasien-Ideologie eines Alexander Dugins zu vernehmen. Ditfurth kritisiert zu Recht den Antisemitismus eines Ken Jebsen. Die weiterreichenden politischen Zusammenhänge und ihre internationalen Bezüge jedoch blendet sie bisher aus . Nicht nur das: in Bezug auf die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine  spricht sie zwar von Faschismus und kritisiert, daß die hiervon ausgehende Gefahr heruntergespielt wird (z.B. hier). Wenn man sie auf die Aggression der russischen Seite, den Auftrieb, den in der RF rechte Strömungen mit der Präsidentschaft Putins erfahren haben und den schon lange vor der Ukraine-Krise rapide angewachsenen russischen Rassismus und Antisemitismus verweist und sie darauf anspricht, wo denn vor Sotschi 2014 die kritischen Stimmen zum Völkermord an den Tscherkessen und russischem Faschismus geblieben seien, zensiert und blockt sie ohne jegliches Diskussionsangebot ( und dieses Verhalten wurde mir auch von andere bestätigt, die ebenfalls nun gerade nicht den Jebsen-Jüngern zugehören sondern für eine ausgeglichene Kritik Richtung West und und Ost plädieren).

Auch diese Reaktionsweise ist mir nicht unbekannt: sie geht parallel zur russischen Regierungspropaganda, die sich über die rechtsgerichteten und wohl eher als klassisch-faschistisch zu bezeichnenden Kräfte auf dem Maidan echauffiert und dabei den Faschismus auf der anderen Seite komplett übersieht. Russische Medien schaffen hier durchaus gezielt - mit Verdrehungen, Auslassungen und offenkundigen Lügen - und in Anknüpfung an sowjetpatriotische "Friedens"- und "Antifaschismus"-Diskurse ein gigantisches Ablenkungsmanöver, das gleichzeitig auch die   Rechtfertigung für die eigenen Interventionsabsichten schafft. Meiner Erfahrung nach sind für diese Täuschungsmanöver gerade diejenigen Teile linker Bewegungen besonders anfällig, die sich sowohl mit den totalitären Traditionen linker Politik nicht ausreichend auseinandergesetzt haben und auch nicht bereit sind, sich den wahren Charakter der heutigen russischen Politk einzugestehen, die sich sich ein imaginäres und zeitloses rotes Rußland als geistig-moralische Heimat erhalten möchte.
 Insofern ist es auch unzureichend und irreführend, die Querfrontler der Montagsmahnwachen auf "neurechte Friedensbewegung" einzugrenzen und damit die Kritik an diesem brisanten und explosiven Phänomen allein auf seinen rechten Flügel zu fokussieren.. Im Elsässer-Jebsen-Umfeld finden sich durchaus nicht nur Neurechte, sondern versammeln sich auch alte KP- und SED-Kader, unerschütterliche Stalinisten, Antiimps mit Assad- und Ahmadinedschad-Sympathien, paranoide Finanzsystemkritiker, antisemitische TTIP-Gegner, Occupy-Bewegung und Echte Demokratie Jetzt-Vertreter in trauter Eintracht hinter Putin. Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine/ bezüglich der Krim und ihre Rezeption in Deutschland sind nicht zuletzt deswegen so besorgniserregend, weil sie den Schluß nahelegen, daß Putin hier dem Szenario eines "Russischen Frühlings" folgt, wie es vom Polit-Stratege und Eurasien-Querfrontideologen Alexander Dugin entworfen wurde. Die in Berlin und anderen Städen um sich greifende Jebsen-Hysterie samt virtueller Shitstorms und  einer über ein Netz von "Alternativ"-medien vorangetriebenen Desinformationskampagne kann man durchaus als Teil nunmehr international verlaufender neurechter Querfrontstrategien begreifen.

Die personalen Netzwerke und Diskurse dieser Querfront-Bewegung reichen letzendlich sogar bis in die die klassische Friedensbewegung und traditionell linksalternative Kreise hinein. Sowohl zu den Verbindungen zwischen sogenannter neurechter Friedensbewegung und russischer Querfront wie auch zu den Verbindungen der Elsässer-/Jebsen-"Volksfront" in die klassische linksalternative Szene Deutschlands hinein (Quellen hierzu etwa hier und hier) findet man bisher nur wenig in den Auseinandersetzungen um die Montagsmahnwachen. Dies könnte ein Symptom dafür sein, daß diese Bewegung schon längst Erfolg damit gehabt hat, nicht nur neulinke und neurechte Positionen miteinander zu verbinden, sondern mit einigem Erfolg bereits auch altlinke, sowjetisch beeinflußte Befindlichkeiten, Loyalitäten und Netzwerke für sich zu mobilisieren und zu vereinnahmen gewußt hat. Es herrscht jedenfalls in linksalternativen Kreisen, was Kritk an Rußlands imperialer Vergangenheit und neoimperialer Gegenwart betrifft, nach wie vor eine merkwürdige Zurückhaltung, die sich mit den erklärten politischen Grundsätzen und Positionen nicht in Einklang bringen läßt.
 Gerade die nordkaukasische Verhältnisse sind in besonderem Maße geeignet, als Querfront-Indikator zu dienen, da sie einerseits klassische linke Themenfelder wie"Antikolonialismus/ Antiimperialismus", "Vergangenheitsaufarbeitung", "Pazifismus/ Gegnerschaft zu Kriegen/ Antimilitarismus" und "Antifaschismus/Antirassismus" berühren, andererseits aber die Rolle des Hegemons hier nicht ausschließlich, aber in erster Linie Rußland als ehemaliger bzw. wiederauferstehender Imperialmacht zufällt. Damit liegen diese Themenfelder quer zu klassischen Kalte-Kriegs-Schemata, die nach "gut und böse", "antifaschistischem Osten und kapitalistisch-faschistisch-dekadentem Westen" sortieren und es sich damit nur allzu einfach machen. Am Umgang mit dem Nordkaukasus und seiner Kolonialgeschichte wie auch im Umgang mit der Kolonialgeschichte der Krim zeigt sich, wer mit dem Imperialismusbegriff einen sachlichen, historisch informierten Umgang pflegt und wer ihn auf tendentiöse Weise als hohlen und sinnentleerten Kampfbegriff eines oftmals noch antisemitisch konnotierte Antiamerikanismus mißbraucht.

Die Vermischung von politischen Positionen und ein möglicherweise auch absichtlich betriebenes politisches Verwirrspiel findet dabei nicht nur bei den Montagsmahnwachen und im unmittelbaren Jebsen-Elsässer-Umfeld statt, sondern auch über Aktionen und mediale Vernetzungen, deren Nähe zu dieser rotbraunen Querfront u.U. nicht sofort in Erscheinung tritt. Die Rede ist hier von einem Offenen Brief, den rund 200 "deutsche Intellektuelle" im März diesen Jahres an Putin schickten, um ihm anläßlich seiner Rede zur Annektion der Krim öffentlich ihre Solidarität auszusprechen.In meinem vorhergegangenen posts habe ich den Initiator des Briefes und seinen politischen Hintergrund beleuchtet, hier soll es nun um den Brief selbst und eine Analyse seines Inhalts gehen.
 

Publizisten, Entstehungshintergrund und Verteiler:

Der "Brief an Putin", um den es hier geht, wurde im März 2014 auf verschiedenen Internetportalen veröffentlicht, darunter in der marxistisch orientierten Neue Rheinische Zeitung. die sich in jüngster Zeit selbst Querfront-Bestrebungen und antisemitischer Tendenzen verdächtig gemacht hat und für Ken Jebsen und die Querfront-Montagsmahnwachen in die Bresche gesprungen ist, wie auch in der Jungen Welt, die sich zwar "unabhängige, konsequent linke Tageszeitung" nennt, aber mehr oder weniger als Partei-Organ der Linken fungiert, sich nicht von ihrem Status als SED-Nachfolgeorgan emanzipiert und ein recht deutliches Antisemitismus-Problem hat. Die Junge Welt stellt, das ist an dieser Stelle wohl nicht ganz ohne Belang, auch die ehemalige intellektuelle Heimat von Jürgen Elsässer dar und wird verschiedentlich auch ohne den jetzigen Compact-Herausgeber als nationalbolschwistisch eingestuft (u.a. hier).  Chef-Redakteur der Jungen Welt ist der ehemalige Stasi-Informant Arnold Schölzel. Der stellvertretende Chefredakteur Rüdiger Göbel liefert gerne Interviews mit der Stimme Rußlands, zuletzt etwa unter so verheißungsvollen Titeln wie „Springers Feldzug gegen Rußland“ und „Papst und Patriarch beten für Frieden“. An Jürgen Elsässers Buch "Angriff der Heuschrecken" scheint er ebenfalls Gefallen gefunden zu haben. Die Junge Welt war es auch gewesen, die einen Leserbrief von mir zu ihrer Sotschi-Berichterstattung, in dem vom Völkermord an den Tscherkessen die Rede gewesen war, nicht freischalten wollte, und dann auf Nachfrage hin eine Hinhaltetaktik fuhr. Über tscherkessische Proteste und die tscherkessiche Kolonialgeschichte berichtet hat sie bis heute nicht.

Autor des Briefes und Urheber der Initiative ist der ehemalige Oberstleutnant Jochen Scholz, dessen politischen Hintergrund samt guter Kontakte zu Jürgen Elsässer und Mitgründung von dessen "Volksfront"-Projekt ich wie bereits erwähnt in meinem vorangegangenen post beleuchtet hatte. Auf Ossietzky und auf 08/15-Info (weiteres Querfront-Webportal von Tilo Schönberg, ehemaligem WASG-Ländervorstand, mit eingebettetem RIA-NOVOSTI Scroll) ist vor wenigen Tagen ein weitere Schreiben von Volker Bräutigam erschienen, in dem dieser voller Stolz Hintergrund und ein "überwältigendes Echo" dieser Briefaktion schildert. Bräutigam zufolge habe ein "langjähriger Gesprächspartner" sich von "Putins Appell am 18. März angesprochen gefühlt". Anliegen sei es gewesen, kenntlich zu machen, "dass in Deutschland nicht nur bedingungs- und besinnungslose Anhänger der USA, der NATO und der EU lebten". Sein Gesprächspartner habe gefragt: "Ob ich nicht in diesem Sinne meine journalistischen Verbindungen nutzen wolle?". Die Reaktion von Bräutigam hierauf:

"Ich wollte. Und bat Freund »Jochen Scholz (Ossietzky-Lesern als Autor bekannt, ein Oberstleutnant a.D., der sich im Sinne des Soldatengesetzes als „Verfassungsschützer“ versteht, dem das Grundgesetz jegliche Mitwirkung an Angriffskriegen verbiete), einen Offenen Brief an Präsident Putin zu entwerfen, den wir zugleich den Massenmedien als Gegenposition zur Kenntnis geben könnten. Das Organisatorische würde ich übernehmen."

Mir kommt es allerdings so vor, als ob auch der Brief, mittels dessen im Februar weltweit 200 Autoren Meinungs- und Religionsfreiheit in Rußland gefordert hatten, hier in gewissem Sinne die Vorlage abgegeben hätte und hier versucht worden ist, eine Art Gegenprojekt auf die Beine zu stellen. Dafür spräche, daß auch beim Gratulationsschreiben an Putin rund 200 "deutsche Kulturschaffende" als Unterzeichner aufwarten mußten. Wer der eigentliche Initiator und Stichwortgeber Bräutigams und damit auch Scholz's war, bleibt offen. Sein Vorgehen zur Verbreitung des Briefes beschreibt Bräutigam wie folgt:

"Jochens Offenen Brief mit zu unterzeichnen bat ich zunächst Freunde und Bekannte; innerhalb weniger Stunden wurde er von annähernd hundert Unterstützern unterschrieben. Danach sandte ich ihn den Internet-Portalen »Neue Rheinische Zeitung.de, 0815-Info.com, »Medien-Analyse International.de, »Schattenblick.de, »Oeconomicus.wordpress.com sowie dem vielgelesenen »blog.fefe.de (Hg. Felix v. Leitner, Chaos Computer Club)."

Medien und Kommunikationsplattformen, die den Brief verbreitet haben, sind u.a. CeiberweiberNuoViso TV, www.antizensur.de, Antikrieg TV (über youtube), "Orwell-Staat". " Ken FM hat den Brief als "Gastbeitrag von Volker Bräutigam" auf seiner facebook-Seite veröffentlicht. Laut eines youtube-videos ist der Brief am 30.4.2014 auch auf einer "Solidaritäts"kundgebung mit dem Titel "Kein Krieg mit Rußland - Volksentscheide statt EU-Zentralismus",  vor dem Bundestag in Berlin verlesen worden (Wer den Brief dort verlesen hat und ob dies mit Einverständnis der Initiatoren des Briefs geschah, konnte ich bisher noch nicht verifizieren).  Organisiert wurde diese Demonstration jedenfalls von Dr. Karl Schmitt, einem rechtsextremen Funktionär der Partei "Die Freiheit". Ausführlich beworben wurde die Demonstration von PI, u.a. trat der rechtsextreme Funktinär Manfred Rouhs auf mit einem Vortrag unter dem Titel "Deutschland - Mittler zwischen Ost und West", auch BüSo und rechtslastige Seiten wie "patrioten-net" beteiligten sich und berichteten. Den Berichten zufolge war das zentrale Schlagwort dieser Demo die "Neuen Weltordnung", die das Thema des Vortrags von Schmitt bildete. Interessant ist dies insofern, als auch Brief-Initiator Jochen Scholz sich maßgeblich auf die Vorstellung einer Neuen Weltordnung stützt. Daß der Brief die rechte Szene anzieht, sieht man aber auch daran, daß er von der AfD ebenfalls verbreitet worden ist.

Die Stimme Rußlands berichtete über die Briefaktion und darüber, daß Scholz die "Eingliederung der Krim an Rußland" als "Schutzmaßnahme" bezeichnet habe, und ludt Scholz zudem zum Interview ein. Über das Zustandekommen des Offenen Briefes äußerte er sich dort wie folgt:

"Was wir feststellen können ist, dass die Medien überwiegend in einer Art und Weise berichten und kommentieren, die eigentlich nicht dem Mehrheitswillen oder der Mehrheitsmeinung der Deutschen entspricht. Und wir haben damals überlegt, nachdem Präsident Putin am 18. März seine Rede gehalten hat und sich direkt an die Deutschen gewendet hat und um Verständnis bat für das Vorgehen, dass wir vielleicht in meinem näheren Umfeld darauf positiv reagieren sollten. Und so ist dann auch dieser Brief zustande gekommen, der in erster Linie als Zeichen an die russische Bevölkerung gedacht war, dass das was die westlichen Medien berichten und kommentieren nicht unbedingt mit der Mehrheitsmeinung in Deutschland übereinstimmt.

Inhaltliche Positionen des Offenen Briefes, Topoi und Argumentationsstrukturen:

In NRhZ wird der Brief von Volker Bräutigam mit den Worten eingeleitet, daß die Rede Putins zur "Wieder-Eingliederung" der Krim vom 18. März 2014 "positive Resonanz, die den wirklichem Empfindungen der Deutschen entspricht" verdiene. Dies entspricht im großen und ganzen auch bereits dem Tenor des Briefes: ihm zufolge zeigen "aktuelle Umfragen", die nicht näher spezifiziert werden,
"dass die Mehrheit der Deutschen keine Konfrontation mit der Russischen Föderation wünscht und Verständnis für die russische Reaktion auf die Ereignisse in der Ukraine aufbringt".

Hieran problematisch ist nicht nur, daß etwa die Allensbacher Umfrage ein ganz anderes Bild von der deutschen Meinungs- und Gefühlslage entstehen läßt, sondern daß auf politisch unlautere Weise Friedenswille und Verständnis für die russische Regierung in eins gesetzt werden. Der Brief schließt in seinem unangenehmen Dozieren darüber, was "die Mehrheit" der Deutschen denke und fühle, an an eine putinfreundliche Gegenöffentlichkeit, die nun schon seit Wochen immer wieder beteuert, "die Deutschen" hätten mehrheitlich "Verständnis für Rußland" oder ständen "hinter Putin". Die Stimme Rußlands selbst vermeldete so auch selbige Briefaktion mit ihren knapp 200 Unterzeichnern als "Die Deutschen untertützen Putin".

Völkisches Denken klingt bereits an, wenn Bräutigam in der redaktionellen Einleitung in NrhZ die "russlandfeindlichen Äußerungen vieler unserer Massenmedien und Politiker" beklagt und nicht zwischen legitimer Kritik an der aktuellen russischen Regierung, propagandistischer Verzerrung im Zuge eines internationalen Konfliktes und Russophobie als rassistischer Einstellung zu unterscheiden weiß - gerade in diesem Kontext wäre das im Sinne eines Aufbrechens von nationaler Frontenbildung überaus wichtig gewesen. Ich für meinen Teil sehe auch nicht im Geringsten ein, inwiefern eine Kritik am repressiven Führungsstil, der rechtskonservativen Ideologisierung Putins und eine zunehmende Militarisierung der Russischen Föderation "rußlandfeindlich" oder gar "russophob" sein sollen, denn diese richten sich ja nicht zuletzt gegen die Bevölkerung der Russischen Föderation, die zudem nicht nur aus ethnischen Russen besteht. Man könnte es mit dem gleichen Recht als "russophil" bezeichnen, Putins autoritären Führungsstil und seine Repression von politischer Opposition und Minderheiten zu kritisieren. Kurzum: es findet im Brief eine unzulässige Verkürzung und ungute Vermengung von Regierung, Staatsnation und Ethnizität statt. Hiermit wird suggeriert, daß all die diversen Interessen und Befindlichkeiten in der Person Putins konvergieren würden. Herrschaftskritisch ist eine solche Herangehensweise gewiß nicht.

Zu einem beträchtlichen Teil besteht der Brief aus Ausführungen zur Ausdehnung der NATO und der ausgebliebenen Abrüstung der westlichen Seite; der Autor sieht hierin "eklatante Wortbrüche" und ein Nicht-Honorieren der "Großzügigkeit Präsident Gorbatschows". Auffällig ist bei dieser Argumentationsweise zweierlei: Zum einen folgt sie einem gut-böse Schema, bei der anscheinend nur eine Seite - der Westen - Herrschaftsansprüche bzw. (neo-)imperiale Ambitionen hat. Zum anderen werden noch mehrfach Aussagen nachgeschoben, die letzendlich auch die EU als Objekt amerikanischer Machtinteressen und nicht etwa als Akteur mit eigenen außenpolitischen Strategien und Manoevern, die es ebenfalls zu kritisieren gälte, erscheinen lassen. Leztendlich muß diese behauptete Machtkonstellation sogar als die Erklärung für die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine und auf der Krim herhalten. Der Autor glaubt an eine Regimechange-Operation der USA, die auch die EU und OSZE von jeglicher Mitgestaltungsmöglichkeit (ob nun im positiven oder negativen Sinne) ausgeschlossen habe:

"Auch die Störfaktoren Europäische Union und OSZE wurden, postwendend, innerhalb von zwölf Stunden nach dem von den Außenministern des Weimarer Dreiecks ausgehandelten friedlichen Machtwechsel unter Zuhilfenahme faschistischer Kräfte ausgeschaltet. Wer hinter der jetzigen Putschregierung in Kiew steht, zeigen die Partner auf der Website der Open Ukraine Foundation des amtierenden Ministerpräsidenten."

Fragwürdig hieran finde ich weniger die Vermutung einer verdeckten westlichen Einflußnahme auf innenpolitische Geschehnisse in der Ukraine als solche, die ohne entsprechende kritische Nachforschungen sicher nicht einfach von der Hand gewiesen werden sollte, sondern die Art und Weise, wie sämtlichen Parteien außer den USA die Möglichkeit des Agierens abgesprochen wird, und das, obwohl die gesetzten Signale eher auf eine Einflußnahme der EU/ Deutschlands als Interessenspartei hindeuten. Dieses eindimensionale, monokausale Argumentationsschema hat bereits etwas Paranoides an sich. Dazu paßt die Charakterisierung von Elsässers volksfröntlerischen Vorstellungswelt durch Jungle World: "Weit verbreitet ist in der »neuen Bewegung« die Vorstellung, dass die Welt von jemandem oder etwas Konkretem gesteuert werde."

Weiter hintern im Brief läßt Scholz denn auch noch einmal die in rechten Kreisen beliebte Denkfigur von der mangelnder Souveränität Deutschlands anklingen, bzw. appelliert geradezu an das gemeinsame Wissen um diese Zusammenhänge, wenn er suggeriert, der deutsche Handlungsspielraum in Bezug auf eine rußlandfreundliche Politik werde von den USA begrenzt:

"Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, denen die deutsche Politik als Mitglied der EU und der NATO in Bezug auf Russland ausgesetzt ist, sie sind auch Ihnen bekannt."

Eine extreme Ausformung finden derartige Anschauungen im Umfeld von meist rechtsextremen Reichsbürgern und Anhängern der "staatenlos"/BRD-GmbH-Thesen, aber auch Linke scheinen gar nicht so selten an die Existenz einer "Kanzlerakte" o.ä.  zu glauben, aus der sie die vermeintliche Weisungsgebundenheit Deutschlands gegenüber den USA ableiten. Die ideologischen Übergänge gestalten sich hier wohl fließend.

Der scheinbar allseitigen Dominanz der USA stellt Scholz auch in diesem Brief ein noch zu schaffendes eurasisches Bündnis gegenüber. Er beruft sich dabei auf Putins Idee einer Eurasischen Wirtschaftsunion von Wladiwostock bis Lissabon:

"Sehr geehrter Herr Präsident, Sie haben bereits vor knapp vier Jahren für eine Wirtschaftsgemeinschaft von Lissabon bis Wladiwostok geworben. Sie wäre die ökonomische Basis für das „Gemeinsame Haus Europa“. Die Ukraine könnte eine ideale Brückenfunktion für die künftige Kooperation zwischen der von Ihnen angestrebten Eurasischen Union und der Europäischen Union einnehmen, nicht zuletzt in kultureller Hinsicht. Wir sind überzeugt, dass die massive Einflussnahme der USA das Ziel hatte, diese Brückenfunktion auszuschalten."

Hier zeigt sich denn in der Tat ein recht verkrampftes Verhältnis zu sachlicher Ursachenforschung in Bezug auf den aktuellen Konflikt: es wird nicht nach Akteursgeflechten und Eskalationsdynamiken recherchiert, sondern nach einem grundlegenden, holzschnittartigen Schema und monolateralen Ursache-Wirkungszusammenhängen gesucht. Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine erscheinen hier nicht mehr als internationales Zerwürfnis um Einflußzonen in einer Peripherie, der von den geopolitischen Player keine echte Autnomie zugestanden wird. Sie erscheinen als amerikanische Sabotage einer europäisch-russischen Freundschaft, die die Ukraine als Zwischenglied gleich miteinbeziehen würde - offenbar auch ungefragt.

In seinem Zusatz-Interview mit der Stimme Rußlands zu seiner Petition verdeutlichst Scholz noch ein Stückchen mehr, was er unter diesem eurasischen Projekt versteht:

"[...] ich habe ja in meinem Brief auch geschrieben, dass die Ukraine eigentlich eine ideale Brücke bilden könnte zwischen der Europäischen Union und einer Eurasischen Union die Präsident Putin anstrebt. Also sowohl ökonomisch als auch geografisch, als auch kulturell könnte sie eine Brücke sein zwischen Europa oder der Europäischen Union und einer künftigen Eurasischen Union.

In der Petition selbst wird für die Eurasische Union folgende Wunschvorstellung formuliert:  

"[...] nur wenn die Staaten und Völker des eurasischen Doppelkontinents ihre Angelegenheiten miteinander friedlich, respektvoll, kooperativ, auf der Grundlage des Rechtes und ohne Einmischung von außen regeln, wird dies auch auf die übrige Welt ausstrahlen."

Die Zielvorgabe eines friedlichen Umgangs miteinander mag zunächst einleuchtend und sogar schön klingen. Sie ist jedoch eingebunden in eine emotionale, identitäre Argumentationsweise, die auch in Richtung eines rechten Ethnopluralismus offen bleibt. Scholz bedient sich zur Beschreibung internationaler Beziehungen zudem eines Vokabulars, das einer Epoche ritterlicher Werte und nicht dem Zeitalter der Geopolitik zu entstammen scheint: die Rede ist von russischer Großzügigkeit, die im Westen nicht entsprechend honoriert werde. Es geht um "innere" Größe und "feines Gespür", Wortbrüche und Verständnis. Letzteres erwächst im Brief aus nationalen Befindlichkeiten und dem historischen Gedächtnis der Deutschen. Scholz beschwört damit kollektive Emotionen als Grundlage politischer Beziehungen herauf, nicht positiv gesetztes Recht. Gerade auch in Bezug auf die Annektion der Krim - hier "Sezession" genannt- wird denn eben nicht völkerrechtlich argumentiert:

"Die inner- und völkerrechtlichen Fragen zur Sezession der Krim werden unterschiedlich beantwortet. Wir wollen die Vorgänge hier nicht juristisch, sondern ausschließlich politisch bewerten und einordnen."

Es folgt, nunmehr kaum überraschend, die Erklärung, die Okkupation und Einverleibung der Krim sein eine "defensive Maßnahme mit einer gleichzeitigen Botschaft" gewesen, ein "bis hierher, und nicht weiter!" Man möchte angesichts der scholzschen Dramaturgie mit finaler Emphase kaum glauben, daß der Satz mit nur einem Ausrufezeichen schließt.
 
Des weiteren ist hinsichtlich identitärer Argumentationsweisen augenfällig, daß gleich eingangs von einem "Wir" gesprochen wird, das als "deutsche Staatsbürger, die die Nachkriegszeit mehrheitlich in der Westhälfte Deutschlands erlebt haben", definiert wird. Hierbei stellt sich zum einen die Frage , wie der Initiator des Briefs die spätere Zusammensetzung der Unterzeichner wissen wollte, bzw. ob er hier nicht gezielt auf den westlichen Charakter des Projektes abhebt, sozusagen um die Wirksamkeit und den moralischen Anspruch seiner Geste Richtung Putin zu erhöhen. Zum anderen aber klingt dann doch gleich mehrere Male eine gewisse Ost-Nostalgie und eine durchaus nicht blockneutrale Haltung an. Gleich einstiegs wird die Dankbarkeit "der Deutschen" gegenüber den russischen Befreiern erwähnt und damit eine Rhetorik bedient, die sehr an die des Sowjetpatriotismus mitsamt seines Kultes des "Großen Vaterländischen Krieges" erinnert (dessen sich auch Putin als Legitimationsvehikel seiner Herrschaft bedient):

"Den entscheidenden Beitrag zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus hat, unter unvergleichlichen Opfern, die Sowjetunion geleistet."

Die Rolle der Westalliierten wie auch der dem deutschen Ostfeldzug vorangegangene Hitler-Stalin-Paktes fallen stillschweigend unter den Tisch, die Opfer der stalinistischen Gewalltherschaft sowieso. In der verklärenden Haltung gegenüber den sowjetischen Streitkräften schlägt mehrfach gar ein militaristischer Tonfall durch. So etwa, wenn in einer schon bizarr amutenden Umkehrung die russische Schwarzmeerflotte dahingegen vermenschlicht wird, daß ihr "von den Gewalttätern des Majdan" Gefahr drohe. Diejenigen, denen in erster Linie mit der Annexion der Krim Gefahr droht, Krimtataren, jüdische Bürgern und andere Minderheiten, werden wie selbstverständlich nicht erwähnt. Der Brief widerspricht damit dem von ihm angeführten audiatur et altera pars.

Hätte der Autor konsequent antiimperial, antimilitaristisch und friedenspolitisch gedacht, wäre die "andere Seite" eben nicht die andere Großmacht gewesen, sondern hätte aus den ehemals Kolonialisierten bestanden, sprich, den Ukrainern als Staatsvolk und den Bewohner der Krim, inklusive ihrer nichtrussischen Bevölkerung. Von der ukrainischen Bevölkerung ist jedoch nur ein einziges Mal - en passant - die Rede. Erwähnt wird sie lediglich als Objekt US-imperialer Interessen, wenn der Autor davon spricht, daß "die USA die berechtigten Proteste der ukrainischen Bevölkerung für ihre Zwecke instrumentalisiert haben". Mit der Geschichte der Ukraine als "Rand" des Russischen Imperiums ist der Autor des Offenen Briefs wie auch mehrerer geopolitischer Projekte - dies läßt sich dem oben bereits zitierte Zutatz-Interview entnehmen - nicht einmal ansatzweise vertraut:

"Ich muss ehrlich sagen, die internen Verhältnisse der Ukraine sind mir nicht so präsent. Ich habe ein grobes Bild von den unterschiedlichen Gegebenheiten, dass die Westukraine auch historisch bedingt eher in Richtung Westen oder Polen tendiert. Und dass in der Ostukraine eine viel engere Affinität zu Russland da ist, weil man auch sehr sehr lange Zeit zu Russland gehört hat. Das ist mir bekannt."

Die "andere Seite": für Scholz ist das ganz offensichtlich einzig und allein Putin und die durch ihn vertretene Großmacht

Im Gesamtrahmen des Briefes deplaziert und damit unfreiwillig komisch wirkt das nostalgische Erinnern an das Ende der sowjetischen Besatzung, das ebenfalls reichlich Streitkräfteverklärung birgt:

"Die Menschen in Deutschland haben hierfür [gemeint ist die "innere Größe" Rußands seinem ehemaligen Angreifer gegenüber] ein feines Gespür: Als sich 1994 die „Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“ mit einem Auftritt ihres Musikkorps auf dem Platz vor der Bundeskunsthalle in Bonn aus Deutschland verabschiedete, spielten sich bewegende Szenen zwischen den zahlreichen Zuschauern und den Musikern ab. In diesem Zusammenhang fällt uns zu der aktuellen Berichterstattung und Kommentierung der deutschen Medien nur ein treffendes Adjektiv in englischer Sprache ein: disgusting."

Der Brief schließt mit einer lobhudelnden, kratzfüßigen Anbiederung an Putin. Die Unterzeichner versprechen, "mit unserern bescheidenen Mitteln als einfache Staatsbürger" dazu beizutragen, "dass die beabsichtigte Spaltung Europas nicht gelingt" und betonten, daß sie Putin in Bezug auf das friedvolle Zusammenleben der Völker auf dem eurasischen Doppelkontinent als "Verbündeten" verstehen. Dann gibt man Putin für die Zukunft noch gute Wünsche mit:

 "Für Ihre jetzige, und hoffentlich auch die nächste Amtsperiode wünschen wir Ihnen Kraft, Stehvermögen, Klugheit und Geschick."

Daß Putin nur unter Umgehung der russischen Verfassung erneut Präsident werden konnte, unter ihm Wahlen gefälscht und die politische Opposition eingeschüchtert werden, all das scheint hier keine Rolle zu spielen. Dem Brief geht es ganz offenkundig nicht darum, im Gegesatz zur aktuellen Militarisierungspolitik ein anderes Deutschland mit regime- und herrschaftskritischen Bürgern zu signalisieren. Es geht eindeutig um Zustimmung zu Putins Politik, der russische Präsident wird als starker Mann bewundert.

Inwiefern der im Brief zum Ausdruck kommende Eurasismus sich (bewußt) lediglich auf Präsident Putins Projekt einer Wirtschaftsunion bezieht bzw. inwiefern er direkt oder indirekt ein Produkt des duginschen Einflusses ist, bleibt eine in der Zukunft zu klärende Frage. Der deutsche Historiker und Faschismus-Experte Andreas Umland etwa stellte vor zwei Jahren noch durchaus konzeptionelle Unterschiede zwischen einem konservativ-restaurativ ausgeprägtem Neo-Eurasismus in der putinschen Variante und dem neofaschistischen Projekt Dugins fest (russischsprachiger Artikel auf Geopolitika). Er betonte andererseits aber auch, daß Dugin seinen Einfluß weniger über formalisierte Beziehungen und institutionelle Teilhabe an der Macht auszuweiten suche, denn über den Prozeß der Herstellung einer kulturellen Hegemonie, womit er den Weg der indirekten intellektuellen Beeinflussung geht. Umland konstatiert, daß vor diesem Hintergrund Putin und Dugin, was die praktische Politik anbelangt, durchaus als Bündnispartner verstanden werden können und ihre politischen Wege nunmehr parallel zueinander verlaufen.

Ich persönlich würde aufgrund des einigermaßen unbeholfen zusammengestrickten Textes eher darauf tippen, daß Jochen Scholz unreflektiert aus dem elsässerschen Umfeld das übernimmt, was von diesem propagiert wird, d.h. ohne daß er notwendigerweise mit dessen weiterem politischem Unterbau oder gar den Werken Dugins selbst vertraut sein müßte. Nichtsdestotrotz zeigt ein Blick auf den Inhalt und die Arugmentationsmuster des Briefes bereits ohne Blick auf die Unterzeichner recht deutlich, daß es sich bei ihm um ein Querfront-Projekt handelt.

                                                                                                                      Irma Kreiten

Ergänzung 19.5.2914: Der Verfasser des Briefes Jochen Scholz beruft sich verschiedentlich auf William F. Engdahl, so zum Beispiel in einem Interview vom 23.3.2010 zu "Die sich abzeichnende Neue Weltordnung". Volkmar Zimmermann hat mich freundlicherweise (vielen Dank auch!!!) darauf aufmerksam gemacht, daß Engdahl wissenschaftlicher Berater von Publikationsorganen Alexander Dugins ist. Nachlesen kann man das auf Anton Shekhovtsovs blog oder man kann es auch selbst bei den italienischen Zeitschriften "Geopolitica" und "Eurasia. Rivista di Studi Politici" nachprüfen.
Hiermit zeigt sich zumindest partiell, über welche Kanäle das Gedankengut eines Alexander Dugin in linksgerichtete friedenspolitische Kreise Deutschlands einsickert und daß eben doch eine zumindest ideelle Verbindung zwischen Dugins Eurasien-Strategie und den eurasischen Bezugnahmen eines Jochen Scholz existiert.


Nachbemerkung: Ich distanziere mich von den verlinkten Seite und ihren möglicherweise strafrechtlichen Inhalten. Sie werden von mir zu Zwecken der Veranschaulichung und als Belege aufgeführt, eine Zustimmung meinerseits ist damit nicht impliziert.