Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

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Freitag, 6. Juni 2014

Putinsches Stalking in den TAZ-Kommentarpalten: Launch der "Troll der Woche"-Serie

Auch ich bin es nun endgültig leid. In den Kommentarspalten deutscher Zeitungen tauchen auf wundersame Weise immer neue Profile auf, die unter stets gleicher Taktik bei den stets gleichen Themen persönlich werden, beschimpfen, diffamieren, unterstellen, verdrehen und beschuldigen. Neben der Diskreditierung unerwünschter Informationen und unliebsamer Meinungen als solcher scheinen diese Kommentare auch das Ziel zu haben, all jenen, die sich kritisch zu Putin und "seinem" Rußland verhalten, die Lust am Kommentieren zu nehmen, sowie allgemein, zu polarisieren und Nutzer in ein pro-westliches und in ein pro-Putin Lager zu spalten. Dazwischen soll es offenbar nichts Vermittelndes mehr geben, denn besonders heftig fielen meiner Beobachtung nach die Reaktionen immer dann aus, wenn sich in einem Gesprächsaustausch ausgleichende Positionen abzuzeichnen drohten. Diesen wurde sofort mit konzertierten, polarisierenden Manövern begegnet. 

Ich selbst registriere dieses Phänomen bereits seit Monaten, d.h. keineswegs erst seit der Ukraine-Krise, sondern ausgehend von meinen Versuchen seit Herbst 2013, den Völkermord an den Tscherkessen zumindest in Kommentarform zu thematisieren (zu dieser Zeit berichteten deutsche Zeitungen noch nicht). Mit der Ukraine-Krise hat sich diese Tendenz nun um ein Vielfaches verstärkt bzw. das entsprechende Personal wurde wohl aufgestockt. Mittlerweile kann ich mich praktisch nirgendwo mehr öffentlich äußern, ohne auf derartige Abwehr-Reaktionen zu stoßen - auf facebook erscheinen diese oft sogar in Sekundenschnelle. Und ja, auch ich werde diese Taktiken nun exponieren und damit dafür sorgen, daß dieser versuchte Gesinnungsterror samt Meinungsmanipulation durch Astroturfing öffentlich wird.

Hier zeige ich nun als erstes ein Beispiel für diese Art der Bekämpfung freier Meinungsäußerung, das vom Inhalt und der Taktik her mittelmäßiger Durchschnitt ist - ich bin schon weitaus heftiger beleidigt worden und Schlimmeres gewohnt (ich werde gegebenenfalls nun auch mehr davon öffentlich machen, mir war das bisher immer angesichts dringenderer Dinge zu lästig und zeitraubend gewesen). Ich greife mir dieses aktuelle Beispiel deswegen heraus, weil es zwei Aspekte des Vorgehens gegen unliebsame Meinungen recht schön zeigt:

a) ein frisch angelegtes Profil mit Pseudonym - eines von vielen, die in letzter Zeit wie aus dem Nichts aufzutauchen scheinen

b) im Widerspruch dazu ein Kommentar, der einige Vertrautheit mit und Interesse an meiner Person, meiner Arbeit und meinen Kommentaren nahelegt, wenn auch nicht auf eine wohlgesonnene Weise:

 





Hier der screenshot des erst wenige Tage alten Profil mit bisher lediglich einem eigenständigen Kommentar:



Daß mir Nutzer mit mir bis dato unbekannten Profilen zu verstehen geben, daß Sie mich kennen und meine Aktivitäten verfolgen, ist mir keinesfalls neu. Mittlerweile ist man jedoch - anders als im letzten Herbst noch - nicht mehr so sehr bestrebt, die Existenz der Tscherkessen an sich zu leugnen und die Historizität des an ihnen begangenen Völkermordes in Frage zu stellen, man geht vielmehr allmählich dazu über, von "berechtigten Anliegen" der Tscherkessen zu sprechen und "lediglich" deren "Instrumentalisierung" durch mich zu beklagen. Oft erscheint dies auch in Verbindung mit einer klassischen "Wir nicht, die anderen auch"-Argumentation. Ich werte das als Zeichen des Erfolges der tscherkessisch-deutschen Öffentlichkeitsarbeit: nach dem Ignorieren und Abstreiten kommen nun die Anfeindungen und die Pöbeleien. Gerne hält man mir nun auch dort meine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Völkermord an den Tscherkessen und mein diesbezügliches politisches Engagement vorwurfsvoll vor, wo ich gar nicht selbst von den Tscherkessen gesprochen habe. Wer von Tscherkessen und ihrer Kolonialgeschichte spricht, sollte nach Ansicht einiger Nutzer des virtuellen Raumes sich wohl besser gar nicht mehr äußern dürfen.

Ungewöhnlich ist im konkret vorliegenden Fall, daß diese Nutzer einen ersten Kommentar zu einem Nicht-Rußland-Thema getätigt hat. Bisher sind mir immer wieder zeitnah angelegte Nutzer-Profile aufgefallen, die, mit oft frappierend ähnlicher Stilistik und den stets gleichen Argumentationsstrategien, nur ein Thema zu kennen schienen: Rußland, Putin und das Image von Putin-Rußland nach außen. Ob hier nun um eine neuere, intelligentere Mischstrategie entwickelt wird mit dem Ziel, daß Putin-Trolle nun nach doch etlichen Artikeln zu russichem Astroturfing nicht allzu sehr ins Auge fallen, oder sich hier eventuell auch ein auf eigene Faust handelnder realer Mensch - dem dann allerdings ebenfalls gewisse Verhaltensweisen, ideologische Versatzstücke und rhetorische Gesten in Leib und Blut übergegangen sein müssen - zur Untermauerung seiner "Mehrheitsmeinung" ein Zweit-, Dritt- oder Viertprofil zugelegt hat, wird sich wohl noch zeigen. Die alte Schule der Putin-Trolle mit Rußland als Einheitsthema werde ich bei Gelegenheit anhand anderer Beispiele im Umfeld der Sotschi-Berichterstattung ebenfalls illustrieren.

Zum fraglichen TAZ-Artikel geht es hier:  http://www.taz.de/Linkspartei-ruegt-eigene-Abgeordnete/!139831/

Nachtrag 6.6.2014:

 Hier noch eine weitere "Antwort", die offenbar rein dem Zweck der weiteren Provokation mittels weiteren Diffamierungen, an deren Zurückweisung ich mich dann offenbar abarbeiten soll, dient, samt der von proputinschen Kreisen so gerne bemühten Zuschreibung psychischer Störungen ("Fixierung" in diesem Falle, manchmal werden die Putinfans aber auch deutlicher) bei Vorliegen unliebsamer Informationen und Meinungsäußerungen. Illustrativ ist auch, daß hier auf dem Fuße dann auch die "Wir nicht, die anderen auch"-Argumentation bemüht wird (kurz nach oder während ich diesen blogeintrag verfaßt und auf dieses Argumentationsschema hingewiesen hatte).