Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

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Freitag, 21. März 2014

Syrisch-tscherkessische Studenten in Schwierigkeiten aufgrund von No Sochi-Protesten: Ayal Othman

Am 7. Februar, dem Tag der Eröffnunsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi, waren bei tscherkessischen Demonstrationen in Nalchik (Teilrepublik Kabardino-Balkarien) etliche Demonstranten in verhaftet und in Polizeigewahrsam verbracht worden. Anschließend wurde ein Teil von ihnen auf folterähnliche Weise mißhandelt. In  in- und ausländischen Medien war von den Festnahmen berichtet worden (z.B. im Neuen Deutschland und in der Badischen Zeitung, in der Welt wurden die Festnahmen in Naltschik zumindest kurz gestreift). 

Wie ich in meinem zweiten post zu den Festnahmen geschrieben hatte, waren unter den Festgenommenen auch drei tscherkessische Studenten aus Syrien gewesen, die Berichten zufolge nicht an den Protesten selbst teilgenommen hatten sondern sich zur falschen Zeit an den falschen Ort aufgehalten hatten. Ihnen wurde von den russischen Behörden der Ausreisebefehl erteilt. Zwei von ihnen haben die Russische Föderation bereits verlassen müssen, ihr weiteres Schicksal hat offenbar bisher niemand recherchiert. Der dritte der drei Betroffenen hat um seinen Verbleib in der Russischen Föderation gekämpft, ist vor Gericht unterlegen, befindet sich in einer verzweifelten Lage und wendet sich nun an die Öffentlichkeit um Hilfe und Unterstützung. 

Die Fälle der drei Studenten zeigen, wie in einer politisch instabilen Situation wie im Nordkaukasus bereits Kleinigkeiten und dumme Zufälle ausreichen, um Karrieren und Lebenswege zu zerstören. Ich veröffentliche hier das Schreiben von Ayal Othman in der Hoffnung, daß über eine öffentliche Zusammenarbeit eine Lösung für ihn, seine Frau, wie auch die anderen beiden Studenten gefunden wird. Ich empfinde es als einen nicht hinnehmbaren Zustand, wenn die internationale Öffentlichkeit zunächst die Festnahmen zur Kenntnis nimmt und sich dann das Interesse hieran in einer Nachrichtenflaute verliert. Hier gilt es wieder anzuknüpfen und die persönlichen Schicksale in einer schnellebigen Medienberichterstattung nicht einfach untergehen zu lassen.

Hier nun der englische Originaltext von Ayal Othman, darunter die deutsche Übersetzung: 
"My name is Ayal Othman , a displaced person who is now a refugee, and who is also seeking asylum.
I am an ethnic Circassian originally born in the Syrian Arab Republic; I came to Russia to continue my study ; I fled to the Russian Federation because my ethnic homeland is in the North Caucasus; Circassia.
As you may be aware, the 2014 Winter Olympics are being held in Sochi, Russia. Many Circassians have been staging peaceful protests given Sochi’s significance in Circassian history and the lack of Circassian elements in the ceremonies.
On February 7th of this year, one such demonstration was held in the city of Nalchik, capital of the Republic of Kabardino-Balkaria, where I currently reside. The authorities quickly broke up the demonstration and rounded up several passersby. I was one of them and I was taken into custody, where they hold me for 30 hours. We stayed there in cold room with no food and or drinks .
On February 8 around 9 pm I with 2 other Syrian Circassian students who were hold with me too in custody, were sent to the Court, and then released .
On February 10 on 9 am we went to the Migration center in Nalchik city as the authorities asked us to do. They took us to another Court where they decided to deport us within 15 days.
My passport was in the Syrian Embassy to re-new it at the same time. I sent my passport on July 2013, but I couldn’t re-new it Because of the Syrian Conflict, as so many Syrian people around the world.
After the court let us free to get back to Syria , I filed an appeal for the court on February 20.
On March 4 the Supreme Court called me to tell me that the next day on the 5th of March they will Review my appeal; on March 5 with my Lawyer I went to the Supreme Court where they canceled the Deportation decision of the City Court and send me back to City Court to reconsider my case, but in the Supreme Court they informed me that I been expelled from my university without any information about the reason of that.
So after that I went back to my university (Kabardino-Balkaria State Agrarian University) to find out that they expelled me on my year of graduation, I only had few months for my Graduation, but they destroyed that too, and I couldn’t find the reason of that too; until that moment they deprived me of my rights ; freedom of expression about the tragedy of my ancestors, together with my future.
On March 19 the City Court decided to deport me again.
And now I’m without safe place to go to, without any Certificate or University degree, and without any hope to stay in the land of my ancestors.

My passport has been extended 6 months only , till August 2014 ,and I'm married too.my wife and I are seeking help in our situation!"

"Ich heiße Ayal Othman, ich bin ein Vertriebener, der nun auch zum Flüchtling geworden ist und nach Asyl sucht.
Ich bin meiner ethnischen Herkunft nach Tscherkesse und in der Arabischen Republik Syrien geboren; ich bin nach Rußland gekommen, um mein Studium fortzusetzen; ich bin in die Russische Föderation geflohen, da meine ethnische Heimat Tscherkessien im Nordkaukasus ist.
Wie Sie vielleicht wissen, werden (wurden) die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, Rußland abgehalten. Viele Tscherkessen haben friedliche Proteste organisiert angesichts der Bedeutung von Sotschi in der tscherkessischen Geschichte und dem Fehlen von tscherkessischen Elementen bei den Feierlichkeiten. 
Am 7. Februar diesen Jahres wurde eine dieser Demonstrationen in Naltschik, der Hauptstadt der Republik Kabardino-Balkarien, wo auch ich zur Zeit lebe, abgehalten. Die staatlichen Behörden haben die Demonstration schnell aufgelöst und dabei auch etliche Passanten miterfaßt. Ich war einer von diesen und wurde in Polizeigewahrsam genommen, wo sie mich für 30 Stunden festgehalten haben. Wir befanden uns in einem unbeheizten Raum ohne Essen und Trinken.
Am 8. Februar wurde ich gegen 9 Uhr abends mit zwei weiteren syrisch-tscherkessischen Studenten, die zusammen mit mir inhaftiert gewesen waren, zum Gericht gebracht und anschließend freigelassen. Am 10. Februar gingen wir um 9 Uhr morgens zur Ausländerbehörde der Stadt Naltschik, wie uns die Behörden angewiesen hatten. Sie brachten uns zu einem anderen Gericht, wo entschieden wurde, uns innerhalb von 15 Tagen abzuschieben.
Zur gleichen Zeit befand sich mein Paß in der Syrischen Botschaft, um ihn verlängern zu lassen. Ich hatte meinen Paß im Juli 2013 eingereicht, konnte ihn aber aufgrund des Konfliktes in Syrien wie viele andere Syrer in der ganzen Welt nicht erneuern lassen.  

Nachdem uns das Gericht freigelassen hatte, um nach Syrien auszureisen, habe ich am 20. Februar bei Gericht Einspruch eingelegt. 
Am 4. März hat das Oberste Gericht mich angerufen um mir mitzuteilen, daß am nächsten Tag, dem 5. März, mein Einspruch verhandelt würde; am 5. März bin ich mit meinem Anwalt zum höchsten Gericht gegangen, wo der Deportations-Bescheid des Städtischen Gerichts storniert wurde und sie mich zum Städtischen Gericht zurückschickten für eine erneute Beurteilung meines Falls, aber das höchste Gericht informierte mich, daß ich ohne jegliche Nennung von Gründen aus der Universität ausgeschlossen worden sei.  

Dementsprechend bin ich zurück zu meiner Universität (Staatliche Landwirtschaftliche Universität Kabardino-Balkarien) gegangen und habe dort herausgefunden, daß sie mich im Jahr meines Abschlusses exmatrikuliert hatten, ich hatte nur noch wenige Monate bis zu meinem Abschluß gehabt, aber auch das haben sie (mir) zerstört, und ich konnte ebenfalls keinen Grund hierfür erkennen; bisher haben sie mir meine Rechte genommen, mein Recht auf freie Äußerung meiner Meinung zur Tragödie meiner Vorfahren zusammen mit meiner Zukunft. 
Am 19. März hat das Städtische Gericht erneut beschlossen, mich abzuschieben. 
Ich bin nun ohne einen sicheren Zufluchtsort, ohne jeglichen Abschluß oder Universitätsdiplom, und ohne jegliche Hoffnung, im Land meiner Vorfahren bleiben zu können. 

Mein Paß wurde für nur 6 Monate verlängert, bis August 2014, und ich bin auch noch verheiratet. Meine Frau und ich suchen nach Hilfe in unserer Situation!"

Ich danke Lina Zakaria Shagouj, einer tscherkessisch-syrischen Aktivistin, die mir die Informationen zur Verfügung gestellt hat und dafür sorgt, daß diese drei Menschen nicht völlig vergessen werden. Informationen über die Situation der beiden anderen syrischen Tscherkessen werden, soweit wir diese auf privatem Wege zusammentragen können, folgen. Wer sich allgemein für die Lage der syrischen Tscherkessen interessiert, die vor Kriegsbeginn noch rund 100 000 Personen faßten (im Vergleich zu rund 700 000 Tscherkessen, die in ihrer ursprünglichen Heimat, dem Nordkaukasus verblieben sind, keine gering zu schätzende Zahl),  sei hier für ein paar erste Infos auf einen Artikel von Al-Monitor verwiesen. Ein frisch herausgekommener Beitrag zur russischen Immigrationspolitik gegenüber syrischen Tscherkessen und insbesondere auch der Situation von Studenten findet sich hier.