In einem Blogeintrag von letzter Woche hatte ich thematisiert, daß Tobias Pflüger sich von
Hinweisen auf den Völkermord an den Tscherkessen und der Bitte um
eine Stellungnahme gestört fühlte und gar die Unterlassung
entsprechender Hinweise gefordert hatte. Nach Erscheinen dieses
Blogeintrags hat sich Tobias Pflüger erneut an mich gewandt, sich
über meine kritischen Anmerkungen zu seinem Verhalten beschwert, mich
aufgefordert, den Beitrag vom Netz zu nehmen, eine unterschwellige Drohung für den Fall des Nichtbefolgens ausgesprochen und mir ebenfalls mit klaren Worten untersagt, seine diesbezüglichen Zeilen zu veröffentlichen.
In seiner über facebook
versandten PM vom 5. Oktober 2013 schreibt Tobias Pflüger, er lasse sich nicht
dazu zwingen, „zu jedem Thema etwas zu sagen“. Das war allerdings
auch gar nicht meine Intention gewesen, es trifft zudem auch nicht
den Kern der von mir an ihm verübten Kritik. Um es noch einmal zu
betonen: es nicht mein Ziel, Menschen zu unliebsamen Stellungnahmen
zu forcieren, dies dürfte in der Tat in den meisten Fällen wenig hilfreich sein. Wer sich partout nicht zum Schicksal der Tscherkessen äußern will, wird wohl auch wenig Positives zu einer gesellschaftlichen Debatte um genozidale Gewalt, historische Schuld und Minderheitenschutz beizutragen haben. Neben einer konstruktiven, zielführenden Suche nach geeigneten Bündnispartnern muss es allerdings auch erlaubt sein, offenkundig unlauteres Verhalten in den eigenen Reihen zu thematisieren - gerade dann, wenn letzteres eine Solidarisierung verhindert, indem es als "False Flag" den Blick ablenkt und alternative Wege versperrt. Ja, es
bleibt Herrn Pflüger überlassen, ob er sich zu den von mir
angerissenen Problembereichen äußern möchte. Ebenso steht es mir
zu, öffentlich mein Mißfallen zu äußern, wenn deutsche Politiker
und andere Figuren des öffentlichen Lebens sich unkritisch zum Thema Sotschi
2014 und dem Völkermord an den Tscherkessen verhalten. Gerade
als Politiker muß man mit diesbezüglicher Kritik leben können und sollte hier nicht
repressiv vorgehen wollen.
Mit Hinblick auf die Ermöglichung eines transparenten und fairen Diskussionsprozesses sehe ich es als unabläßlich an, daß fehlendes Interesse an einer Stellungnahme zum Völkermords an den
Tscherkessen und einer Solidarisierung mit denselben auch deutlich zum Ausdruck gebracht wird und man sich nicht in
einem verschleiernden Aufschieben ergeht, einem Ignorieren, Wegsehen und Weghören auf Zeit. Selbst eine persönliche Unschlüssigkeit darüber, wie denn
die koloniale Geschichte des Westkaukasus zu bewerten sei, kann in
höfliche und sachliche Worte gefaßt werden. Eine zumindest formal
korrekte Reaktion Pflügers auf meine Anfrage und Hinweise wäre etwa
gewesen, diesen mit einer klar ausgesprochenen Ablehnung zu begegnen,
einem der Öffentlichkeit zugänglichen „Nein.“ Ich habe ganz im Gegensatz hierzu nun den Eindruck
gewonnen, daß Tobias Pflüger eine solche klare Aussage bewußt vermieden hat, da er durchaus weiß, daß die Ablehnung einer Stellungnahme zu Sotschi 2014 und zu dem Völkermord an den Tscherkessen u. U. schlecht ankommen könnte. Gleichzeitig aber scheint er, zumindestzum gegenwärtigen Zeitpunkt, nicht bereit gewesen zu sein, eine klare inhaltliche Positionierung vorzunehmen - möglicherweise aus Bedenken vor politischen
Kosten/Konsequenzen, die Stellungnahmen zu repressierten Themen auch im demokratisch-freiheitlichen Deutschland nach sich ziehen könnten. Auf gut deutsch: Pflüger wollte sich wohl nicht als einer der Ersten zum Thema Völkermord an den Tscherkessen aus dem Fenster lehnen, andererseits aber auch keine konkrete Absage erteilen.
Ein unbestimmtes
Aufschieben unter Offenhaltung aller Optionen, das
In-Der-Schwebe-Halten wie es offenbar die gegenwärtige Strategie
Pflügers und anderer ist, ist für mich der Ausdruck politischer Inkonsequenz, eines Fehlens an Zivilcourage wie auch an grundlegender menschlicher Empathie und Solidarität. Die koloniale
Vergangenheit des Westkaukasus ist nicht ein Thema, daß man zu einem
politisch opportunen Zeitpunkt aus der Schublade zieht um dann mit
ihm punkten zu gehen. Es ist ein Thema, das uns allein schon vor dem Hintergrund allgemeinmenschlicher Werte auch alle angehen sollte. Es handelt sich bei weitem nicht „nur“ um längst vergangene Ereignisse ohne konkrete
aktuelle Bezüge: von eben dieser unaufgearbeiteten Vergangenheit des
Westkaukasus sind Leben und Arbeit realer Menschen – unserer
Zeitgenossen und Mitmenschen - tangiert. Deren Belange - und auch meine - lassen
sich nicht beliebig lange auf Eis legen. Wir sind lebende Menschen, und ich zumindest möchte mein Leben auch tatsächlich leben und nicht in der Warteschleife verbringen müssen. Es kann nicht sein, daß sich Generationen um Generationen von Menschen in sogenannten Schlüsselpositionen um Stellungnahmen zum Schicksal der Tscherkessen drücken und dabei wohl insgeheim hoffen, das Problem werde von ihnen ablassen, wenn denn auch nur weiterhin fleißig geschwiegen und weggeschaut würde. Oder alternativ bzw. in praktischer Ergänzung herzu die Hoffnung hegen, der Völkermord an den Tscherkessen werde irgendwann schon ganz von selbst zum „Thema“ werden, und zwar ohne daß dies in irgendeiner Form Zivilcourage, persönlichen Einsatz und damit auch mögliche persönliche Opfer verlangen würde.
Auch betrachte ich es als durch und durch politisch kurzsichtig, die Zusammenhänge zwischen Militarisierung, Vernichtungskrieg, wissenschaftlich-öffentlicher Aufarbeitung und Prävention zu ignorieren. Einem Militarisierungsgegner, der sich nicht mit den kolonialen Wurzeln genozidaler Prozesse und damit auch der deutschen Vergangenheit auseinandersetzen möchte, fehlt es meiner Ansicht nach ganz erheblich an Glaubwürdigkeit. Das Problem der unaufgearbeiteten russischen Massaker an den Tscherkessen, der zarischen Politik der Wirtschaftsblockade und der verbrannten Erde im Westkaukasus, die Deportationen von 90 % der Bevölkerung ins Osmanische Reich (und dazuextrem hohe Todesraten unter den Deportierten und Flüchtlingen), die fortgesetzten Verletzungen tscherkessischer Minderheitenrechte – all dies besteht unabhängig von meinem Hinweisen, meinen Anfragen und Bitten um Stellungnahmen. Leider jedoch scheint Herr Pflüger – wie viele andere auch - darauf zu bauen, daß sein Schweigen zum Völkermord an den Tscherkessen und den zugehörigen dunklen Seiten der Olympischen Winterspiele 2014 weitgehend unbemerkt bleiben wird, gerade weil dieses Thema bisher so wenig öffentlich gemacht wurde. Wer darauf zählt, daß, wo Belange von Nordkaukasiern berührt sind, ein Aufschrei, wie er beim Ignorieren vergleichbarer Themen (Völkermord an den Armeniern, Völkermord an den Herero und Nama, Gewaltexzesse in den belgischen Kolonien, Vorgehen gegenüber den Aboriginees...) als selbstverständlich gelten kann, ausbleibt, schlägt Kapital aus der Abwesenheit einer schlagkräftigen tscherkessischen Lobby und macht sich damit insgeheim zum Profiteur und zum Komplizen kolonialer bzw. neokolonialer Geschichtsapologetik.
Tobias Pflüger beschwert sich nun einerseits über meine angeblich „pauschalen diffamierenden“ Bemerkungen zu seinen Dissimulationsbemühungen, läßt andererseits aber, obwohl ich ihm diese explizit eingeräumt hatte, die Möglichkeit einer inhaltlichen Stellungnahme zu meiner Kritik ungenutzt verstreichen. Für den Fall, daß ich sein Verhalten in dieser Angelegenheit weiterhin öffentlich thematisiere, droht er mir unterschwellig, hiergegen vorzugehen – wie genau, schreibt er allerdings nicht. Auch scheint er mich nun mit 'Liebesentzug' strafen zu wollen: Er schreibt, im Gegesatz zu seinem früheren angeblichen Wohlwollen und Respekt mir gegenüber (Wortlaut: „das war mal der Fall“) hätte ich mir aufgrund meines verfehlten Verhaltens mit ihm nun jemanden geschaffen, der „garantiert“ nicht mehr gut über mich denke und spreche. - Ich möchte ihm bei dieser Gelegenheit folgendes erwidern: Herr Pflüger, sollten Sie jemals positiv über mich gesprochen haben, so habe ich davon keinerlei Kenntnis, bedanke mich allerdings gerne auch nachträglich dafür. Als weitaus positiver hätte ich es allerdings empfunden, wenn Sie nicht nur über mich, sondern auch mit mir gesprochen hätten, wie auch mit anderen von Repressionen und Diskriminierungen getroffenen Aktivisten und Intellektuellen. Eine stumme Bekanntschaft, die sich auf beidseitige Meinungslosigkeit und Angst vor Stellungnahmen gründet, kann für mich dagegen kein Gewinn sein.
Auch betrachte ich es als durch und durch politisch kurzsichtig, die Zusammenhänge zwischen Militarisierung, Vernichtungskrieg, wissenschaftlich-öffentlicher Aufarbeitung und Prävention zu ignorieren. Einem Militarisierungsgegner, der sich nicht mit den kolonialen Wurzeln genozidaler Prozesse und damit auch der deutschen Vergangenheit auseinandersetzen möchte, fehlt es meiner Ansicht nach ganz erheblich an Glaubwürdigkeit. Das Problem der unaufgearbeiteten russischen Massaker an den Tscherkessen, der zarischen Politik der Wirtschaftsblockade und der verbrannten Erde im Westkaukasus, die Deportationen von 90 % der Bevölkerung ins Osmanische Reich (und dazuextrem hohe Todesraten unter den Deportierten und Flüchtlingen), die fortgesetzten Verletzungen tscherkessischer Minderheitenrechte – all dies besteht unabhängig von meinem Hinweisen, meinen Anfragen und Bitten um Stellungnahmen. Leider jedoch scheint Herr Pflüger – wie viele andere auch - darauf zu bauen, daß sein Schweigen zum Völkermord an den Tscherkessen und den zugehörigen dunklen Seiten der Olympischen Winterspiele 2014 weitgehend unbemerkt bleiben wird, gerade weil dieses Thema bisher so wenig öffentlich gemacht wurde. Wer darauf zählt, daß, wo Belange von Nordkaukasiern berührt sind, ein Aufschrei, wie er beim Ignorieren vergleichbarer Themen (Völkermord an den Armeniern, Völkermord an den Herero und Nama, Gewaltexzesse in den belgischen Kolonien, Vorgehen gegenüber den Aboriginees...) als selbstverständlich gelten kann, ausbleibt, schlägt Kapital aus der Abwesenheit einer schlagkräftigen tscherkessischen Lobby und macht sich damit insgeheim zum Profiteur und zum Komplizen kolonialer bzw. neokolonialer Geschichtsapologetik.
Tobias Pflüger beschwert sich nun einerseits über meine angeblich „pauschalen diffamierenden“ Bemerkungen zu seinen Dissimulationsbemühungen, läßt andererseits aber, obwohl ich ihm diese explizit eingeräumt hatte, die Möglichkeit einer inhaltlichen Stellungnahme zu meiner Kritik ungenutzt verstreichen. Für den Fall, daß ich sein Verhalten in dieser Angelegenheit weiterhin öffentlich thematisiere, droht er mir unterschwellig, hiergegen vorzugehen – wie genau, schreibt er allerdings nicht. Auch scheint er mich nun mit 'Liebesentzug' strafen zu wollen: Er schreibt, im Gegesatz zu seinem früheren angeblichen Wohlwollen und Respekt mir gegenüber (Wortlaut: „das war mal der Fall“) hätte ich mir aufgrund meines verfehlten Verhaltens mit ihm nun jemanden geschaffen, der „garantiert“ nicht mehr gut über mich denke und spreche. - Ich möchte ihm bei dieser Gelegenheit folgendes erwidern: Herr Pflüger, sollten Sie jemals positiv über mich gesprochen haben, so habe ich davon keinerlei Kenntnis, bedanke mich allerdings gerne auch nachträglich dafür. Als weitaus positiver hätte ich es allerdings empfunden, wenn Sie nicht nur über mich, sondern auch mit mir gesprochen hätten, wie auch mit anderen von Repressionen und Diskriminierungen getroffenen Aktivisten und Intellektuellen. Eine stumme Bekanntschaft, die sich auf beidseitige Meinungslosigkeit und Angst vor Stellungnahmen gründet, kann für mich dagegen kein Gewinn sein.
Nur, weil es zur
stillschweigenden gesellschaftlichen Übereinkunft geworden ist, daß
bei diesem Thema andere Maßstäbe angelegt werden als an
vergleichbare historische Verbrechen, heißt das nicht, daß auch ich
mich diesen Konventionen beugen werde. - Es ist gerade mein Ziel, diese Sonderstellung des
Völkermords an den Tscherkessen als Nicht-Thema zu hinterfragen und sie Schritt für Schritt aufzuheben. Ich werde mich auch nicht mit möglichen Unannehmlichkeiten
erpressen oder dem Entzug fiktiver Solidarität einschüchtern lassen. Ich werde das Verhalten
Pflügers wie auch anderer öffentlicher Figuren zum Völkermord an
den Tscherkessen weiterhin für eine interessierte Öffentlichkeit
sichtbar und damit besprechbar machen. Etwaige weitere negative
Konsequenzen für mich und meine Arbeit - wie etwa durch das Ausbleiben möglicher
Unterstützung durch parteipolitische Strukturen - nehme ich dabei
bewußt in Kauf.
Festzuhalten bleibt:
Tobias Pflüger hat eine Äußerung jeglicher Art in Bezug auf die
unterdrückte Thematik des Völkermord an den Tscherkessen abgelehnt,
beharrt auch weiterhin auf seiner Ignoranz bzw. seinem diesbezüglichen Schweigen und möchte
gleichzeitig auch nicht, daß dieser Sachverhalt öffentlich bekannt wird.
Nachbemerkung: Warum ich gegen den erklärten Willen Tobias Pflügers Korrespondenz und Verhalten offenlege - Rechtliches und Ethisches
Nachbemerkung: Warum ich gegen den erklärten Willen Tobias Pflügers Korrespondenz und Verhalten offenlege - Rechtliches und Ethisches
Die juristische Situation ist die, daß über facebook versandte PM nicht dem Briefgeheimnis unterliegen und ihre Veröffentlichung nur dann zu unterbleiben hat, wenn hiervon Persönlichkeitsrechte berührt sind. Letztere können zudem außer Kraft gesetzt werden für den Falle, daß ein übergeordnetes öffentliches Interesse vorliegt. Tobias Pflügers PM sind nicht von privater Natur, sie enthalten zudem auch keine persönlichen Informationen – ihr Inhalt ist durch und durch von politischer Natur. Es ging von Anfang an um eine Positionierung Pflügers in seiner Funktion als öffentlich agierender Politiker mit entsprechend affinen Arbeitsschwerpunkten. Ein gesellschaftliches Interesse betrachte ich bei dieser Angelegenheit („Völkermord“!) als erwiesen und als uneingeschränkt gültig. Unter moralischen Gesichtspunkten halte ich die Veröffentlichung dieser Vorgänge für dringend notwendig, sind sie doch geeignet, Licht auf diejenigen politischen und gesellschaftlichen Mechanismen zu werfen, die zur Unterdrückung einer öffentliche Debatte zu diesem unaufgearbeiteten Kolonialverbrechen eingesetzt werden. Zu guter Letzt bin ich auch nicht Mitglied einer politischen Partei, als daß ich verpflichtet wäre, mich einer wie auch immer gearteten Parteidisziplin bei diesem Thema zu fügen. Ich bin unabhängig und lasse mir Kritik, dort, wo ich sie als angebracht und moralisch geboten empfinde, von niemandem verbieten. Die Öffentlichmachung trotz Unterlassungsaufforderungen betrachte ich als einen gesetzeskonformen Verstoß gegen Tobias Pflügers persönliche Erwartungen wie auch als bewußte Verletzung unausgesprochener gesellschaftlicher Konventionen - maximal also als einen Akt zivilen Ungehorsams, wie er gerade von Kandidaten und Abgeordneten der Linken immer wieder gefordert wird.
Nachtrag: Wie ich heute, den 5.12.2013 bemerkt habe, bin ich nun auch auf der facebook-Seite der BUKO - Bundesweite Koordination der Friedensinitiativen - gesperrt. Ich hatte dort vor wenigen Tagen Hinweise auf das Verhalten von Tobias Pflüger (mit entsprechendem link zu diesem post hier) wie auch das der Informationsstelle Militarisierung (darüber werde ich noch berichten) gepostet. Für mich ist dieses Vorgehen völlig inakzeptabel, ersetzt es doch eine argumentative Auseinandersetzung mit Zensur und Repression von Kritik.
Nachtrag: Wie ich heute, den 5.12.2013 bemerkt habe, bin ich nun auch auf der facebook-Seite der BUKO - Bundesweite Koordination der Friedensinitiativen - gesperrt. Ich hatte dort vor wenigen Tagen Hinweise auf das Verhalten von Tobias Pflüger (mit entsprechendem link zu diesem post hier) wie auch das der Informationsstelle Militarisierung (darüber werde ich noch berichten) gepostet. Für mich ist dieses Vorgehen völlig inakzeptabel, ersetzt es doch eine argumentative Auseinandersetzung mit Zensur und Repression von Kritik.