Am 7.2.2015 hatte die TAZ ein Interview veröffentlicht, in dem (u.a. aufgrund von verfehlter Interviewführung) kolonialrassistischen Stereotypen über Tschetschenen bzw. generell sogennanten "archaischen" außereuropäischen Kulturen der Anschein wissenschaftlicher Expertise verliehen worden war. Anläßlich dieses Artikels hatte ich erstmals bemerkt, daß meine Kommentare in der Taz nicht mehr freigeschaltet wurden. Auch in den folgenden Tagen gingen Nutzerbeiträge von mir spurlos verloren. Am 17.2.2015 habe ich nach einem weiteren nicht erschienenen Kommentar die TAZ hierüber in Kenntnis gesetzt und nach Ausbleiben einer zeitnahen Reaktion am 18.2.2015 dann auch einen ersten Blogeintrag hierzu verfaßt (siehe "Bestrafungsaktion von der TAZ").
Zunächst erhielt ich am 18.2.2015 eine email zur Antwort, in der behauptet wurde, daß am Vortag "ein technisches Problem" vorgelegen habe und "viele Kommentare" die TAZ nicht erreicht hätten. Man versprach mir: "Jetzt ist die Störung behoben und Sie können wie gewohnt kommentieren.".Ich habe das ausprobiert und wäre auch gewillt gewesen, das vorherige Nichterscheinen weitere Kommentare von mir auf technische Probleme zu schieben. Aber nein, auch ein am 18.2.2015 abgeschickter Testkommentar blieb unauffindbar. Am darauffolgenden Tag (19.2.2015) habe ich dies wiederum der TAZ-online-Redaktion mitgeteilt und erhielt daraufhin diese Antwort (ebenfalls 19.2.20145
Diese Antwort scheint denn meinen vorangegangenen Verdacht zu bestätigen, daß das Nichterscheinen meiner Kommentare als Art Berstrafungsaktion (mit mutmaßlich pädagogischer Wirkung?) gedacht war. Der Vorwurf, ich hätte diffamierende Äußerungen getätigt, wird nicht einmal an einer konkreten Belegstelle festgemacht. Möglicherweise ist das Schreiben der Redaktion damit seinerseits als ehrenrührig zu bewerten. Für ein detaillierteres Eingehen auf den Vorwurf des in diesem Falle anonym gebliebenen Online-Redakteurs (die vorangegangene email war immerhin noch freundlich mit einem Vornamen unterzeichnet worden) siehe meine Ausführungen weiter unten.
Meine umgehende Rückfrage an die TAZ-Redaktion lautete:
"Hallo TAZ,
Und handelt es sich bei dem inkriminierten Kommentar um einen facebook-Post auf meiner eigenen Seite, einem Forum oder der FB-Seite der TAZ? Verfolgen Sie grundsätzlich, wie Ihre Leser zu einzelnen Beiträgen/Autoren der TAZ stehen und entscheiden demgemäß, ob Ihre Leser bei Ihnen noch kommentieren dürfen? Warum sind bei Ihnen im Laufe des letzten Jahres bei putinkritischen Artikeln massig Kommentare erschienen, die TAZ-Journalisten aus Querfront-Sicht direkt und persönlich angepöbelt und weitgehend argumentationsfrei diffamiert haben? Falls Sie diese selbst nicht mehr auffinden können sollten, schicke ich Ihnen gerne eine Auswahl von entsprechenden screenshots zu. Warum hat selbst das Verlinken verschwörungsideologischer, tendentiell volksverhetzender Desinformations-Quellen wenig bis gar nicht gestört bzw. wurde im Zuge von "Meinungsfreiheit" zumindest akzeptiert? Haben Sie eher ein Problem mit Sachargumenten denn mit abfällig formulierten, persönlich verletzenden "Meinungen"?
Eine Antwort auf diese Fragen dürfte,so nehme ich an, hinsichtlich der TAZ-Praxis in Bezug auf Meinungsfreiheit, antirassistische, antimilitaristische und antifaschistische, d.h. traditionell linksdemokratische Positionen und die Statthaftigkiet von Kritik auch von breiterem öffentlichen Interesse sein. Ich weise Sie auch darauf hin, daß ich das aus meiner Sicht aktuell mangelhaft ausgeprägte Kritikverständnis der TAZ, fehlende Sachlichkeit/Neutralität in mehreren redaktionellen Teilbereichen und einen mangelnden Respekt Ihrerseits vor dem Fachwissen anderer Berufsgrupppen bereits hier
http://sochi2014-nachgefragt.
angerissen habe und diese meine Kritik, sollte von TAZ-Seite hier kein Wunsch zu Klärung und Bereinigung bestehen, auch vertiefen und mit den entsprechenden Literaturbelegen untermauern werde. Ich erwäge auch eine Beschwerde beim Presserat bezüglich der in der TAZ erfolgten Diffamierung der Tschetschenen als Volksgruppe, die seit mehr als 200 Jahren immer wieder Opfer der imperialen Politik des russischen Zentralstaats wurde und deren stereotype Darstellung im Zuge eines kolonialrassistischen Diskurses die TAZ direkt und indirekt fortsetzt. Falls in Deutschland kein hinreichendes Interesse bestehen sollte, werde ich mich in diesem Falle an ausländische Medien und Interessensvertretungen wenden.
Irma Kreiten"
Weiterere Erläuterungen zum Diffamierungsvorwurf:
Ich bin hinsichtlich der Unterstellung der TAZ, eine diffamierende Äußerungen in Bezug auf einen konkreten TAZ-Redakteur getägt zu haben, durchaus zuversichtlich und glaube nicht, daß man mir tatsächlich Formulierungen oder Inhalte ankreiden könnte, die eine Löschung ganzer Kommentare oder gar eine vollständige Kommentarsperre legitimieren würden. Ja,
ich habe an diversen Artikeln und auch einzelnen TAZ-Autoren Kritik
geübt. Ich kann meine diesbezüglichen Beweggründe und Argumentationen gerne auch
noch weiter vertiefen sowie entsprechend belegen, insbesondere dann, wenn man mir dafür einen
angemesseneren Raum und ein geeigneteres Format zur Verfügung stellt wird als das in Form von
Kommentarspalten unter den jeweiligen Artikeln gegeben ist.
Ich erinnere mich - wenn ich jetzt mal gedanklich mein TAZ-"Sündenregister" durchgehe - auf Facebook mit Bezugnahme auf einen konkreten TAZ-Artikel sowie in Bezug auf eine einzelne Passage eines weiteren Artikels das Adjektiv "wichtelig" bzw. "wahnwichtelig" verwendet zu haben. Warum ich dies getan habe, kann ich, wenn denn die TAZ plausibel macht, daß sie bzw. der entsprechende Redakteur sich hieran gestoßen hat, gerne noch näher erläutern. Des weiteren hatte ich eine angenehm kritisch ausgefallene Buchbesprechung zu Matthias Bröckers, dem hauseigenen Verschwörungsideologen der TAZ, zusammen mit dem Kommentar "Dem TAZ-Molch guckt man nun auch mal auf seine Flossen...gut so." verlinkt. Der fragliche Artikel war in der FAZ erschienen und trug den Titel "Wir sind die Guten. Rassistische Esoterik". Die bröckersche Propaganda berührt mein Arbeitsgebiet und meine Anliegen insofern direkt, als sie eine antiliberale, rückwärtsgewandte deutsch-russische Völker- und wohl auch Seelenverwandtschaft beschwört. Despektierlicher und zynischer bin ich nicht geworden.
Falls die TAZ-Redaktion der Ansicht sein sollte, daß ich (auf meiner eigenen Facebook-Seite wohlgemerkt!) meine Kritik, Meinungen und Gedanken zu flapsig bzw. umgangssprachlich formuliert hätte oder mein auf Facebook zum Ausdruck kommendes persönliches Humorverständnis von ihr nicht nur nicht geteilt, sondern gar als sträflich empfunden wird, dürfte damit ihr Gespür für die strikte Einhaltung des bildungsbürgerlichen Codex und sprachlich "korrekten" Stils derart ausgeprägt sein (jedenfalls in Bezug auf TAZ-Fremde), daß man es als geradezu seismographisch bezeichnen müßte. Vielleicht sollte man künftig auch darüber diskutieren, der TAZ-Redaktion in ihren Berliner Örtlichkeiten zusätzlich zu ihren Redaktionspflichten auch noch die Aufgabe der Erdbeben- und Tsunami-Frühwarnung im ostasiatischen Raum vertrauensvoll zu übertragen. Ansonsten gelten die Bestimmungen des Grundgesetzes in Bezug auf Meinungsfreiheit; Kritik an Presserzeugnissen ist statthaft und in formalisierter Weise im deutschen Pressekodex (vielleicht guckt die TAZ-Redaktion da bei Gelegenheit auch noch mal rein) sogar explizit als Bestandteil eines ethischen Journalismus vorgesehen.
Aufgrund des zeitlichen Abstandes halte ich es auch für extrem unwahrscheinlich, daß tatsächlich einzelne Facebook-Kommentare von mir den Ausschlag für ein generelles Kommentar"verbot" gegeben haben sollen. Ich war vielmehr von der TAZ auf facebook umgehend gesperrt worden, nachdem ich die fehlende Sachlichkeit und Sorgfalt Anna Lehmanns in Bezug auf einen von ihr verfaßten Artikel zur Zivilklauselbewegung zu thematisieren versucht hatte. Der erste in der online-TAZ nicht freigegebene Kommentar hatte sich, wie schon oben erwähnt, gegen ein Perpetuieren von Kolnialrassismus gewendet. Somit halte ich es für sehr viel wahrscheilicher, daß sich die TAZ schlicht deswegen angegriffen gefühlt hat und möglicherweise tödlich beleidigt war, weil meine Kritik berechtigt war und es sich bei ihr gerade nicht um die durchschnittlichen abfälligen Meinungsäußerungen oder auch Hetzereien gehandelt hatte, wie sie u.a. in der TAZ zu Dutzenden veröffentlicht werden (letztere haben mich und Bekannte oft genug selbst getroffen und waren in Bezug auf die Befindlcihkeiten der Tscherkessen und allgemein der Nordkaukasier vielfach bewußt grenzverletzend und provozierend und ohne daß die TAZ hier in irgendeiner ersichtlichen Form eingeschritten wäre).
Bisher warte ich also immer noch darauf, daß die TAZ mir mitteilt, welcher meiner Kommentare gemeint gewesen sein soll und was an ihm denn nun als "diffamierend" oder beleidigend gewertet wurde. Aktuell ist Anna Lehmann für das neu lancierte "Hochschulwatch" verantwortlich - sicher auch eines der Prestigeprojekte der TAZ. Angesichts narrativer Parallelen, inhalticher Berühungspunkte und Affinitäten der Netzwerke von Zivilklauselbewegung und Transparenzinitiativen dürfte es sich für die TAZ gut treffen, daß ich an den entsprechenden Artikeln nun keine Kritik mehr anbringen, Verzerrungen und Aussparungen nicht mehr berichtigen und erläutern kann. Ich werde dies dann nun eben an anderer Stelle tun und man wird es trotzdem lesen.
Allerdings sollte sich die TAZ überlegen, ob sie sich ausgerechnet jetzt, wo es darauf ankäme, einer weiteren Erosion demokratischer Werte und einem generellen gesellschaftlichen Vertrauensverlust entgegenzuarbeiten und dementsprechend für ein Mehr an Transparenz zu sorgen, mit derartigen, öffentlich nicht nachvollziehbaren Entscheidungen und Verhaltensweisen nicht ins eigene Fleisch schneidet. Nicht nur ist ein derart intransparenter und fragwürdiger Umgang mit mutmaßlich ungeliebten Perspektiven geeignet, das Klischee einer schlampig und voreingenommen arbeitenden Presse aufs Schönste zu erfüllen und damit - wenn es denn nicht wie in meinem Falle gerade um querfrontkritische Äußerungen geht - Mahnwachen-Diskurse weiter zu befeuern sowie wiilden Spekulationen das Terrain zu eröffnen.
Die TAZ läuft hier obendrein Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit gerade auch bei denjenigen zu verspielen, die bereit wären, eine unabhängige, pluralistische und liberale Presse auch zu verteidigen. Es entsteht der Eindruck, daß sich manche TAZ-Autoren im Einklang mit etwa sogenannten "Friedensbewegten" und auf Kosten eines freien Meinungs- und Diskussionsaustausches profilieren und sich mit den Interessen einer weitgefächerten proputinistischen Querfront gemein machen. Die TAZ stößt damit möglicherweise gerade diejenigen Querfrontkritiker vor den Kopf, die sie bräuchte, um sich effektiv gegen Angriffe gegen die sogenannte "Lügenpresse" und den von der Querfront aufgebauten Druck zur intentionsgetreuen Wiedergabe von deren Perspektiven zu Wehr setzen und die eigenen Qualitätsstandards zu wahren.
Nicht nur Wichtelkreise können sich beschweren, auch Querfront-, Putin- und Mahnwachenkritiker sind dazu aufgefordert, auf eine sachgerechte, sorgfältige und ethisch akzeptable Berichterstattung zu achten und gegebenenfalls mit individuellen Schreiben, formalen Presseratsbeschwerden oder auch eigenen Petitionen auf den Erhalt eines Mindestmaßes an informationeller Ausgewogenheit, Pluralität der Perspektiven und redaktioneller Unabhängigkeit zu dringen. Die TAZ muß lernen, zwischen "Kritik" und "Diffamierung" zu unterscheiden und sollte imstande sein, diese Unterscheidung bei Bedarf auch auf sinnvolle und für die Öffentlichkeit plausible Weise darzulegen. In einem ersten Schritt sollte die TAZ bereits gemachten Fehlern und real vorhandenen Unzulänglichkeiten auf selbstreflexive Weise mit Offenheit begegnen und nicht weiter die eigenen Schwächen sowie mögliche strukturelle Zwänge mit einem überforschem Auftreten und gespieltem Auftrumpfen, einer dem Sachverhalt durchaus unangemessenen Arroganz und einer Fassade aus redaktioneller Unnahbarkeit zu kaschieren suchen.