Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

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Freitag, 15. November 2013

Boykottaufruf des Tscherkessischen Kulturvereins Hamburg

Der Tscherkessische Kulturverein Hamburg e.V. hat seinen Boykottaufruf zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi aktualisiert (Textfassung vom 3.11.2013):


"Tscherkessischer Kulturverein Hamburg e.V.
                                                                                                            Hamburg, 03.11.2013

Boykott Aufruf der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi

Nach unserem Aufruf vom 13.01.2012 möchten wir, der Tscherkessische Kulturverein Hamburg e.V. Deutschland erneut zum Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 auf.
Der Tscherkessische Kulturverein Hamburg e.V. möchte allen nennenswerten Institutionen in Deutschland daran erinnern, dass die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, einst Hauptstadt Tscherkessiens auf einem Gebiet stattfinden wird, wo dann genau vor 150 Jahre ein Völkermord an den Tscherkessen  in den folge Jahren von 1864 seitens des zaristischen Russlands begangen wurde.
Im Zuge einer groß angelegten ethnischen Säuberung Russlands wurden Schätzungen zur Folge anderthalb Millionen Menschen vom Leben zum Tode befördert.

Die Menschen wurden über Monate an der Küste von Sotschi zusammen gepfercht, hungernd, durstend voller Erschöpfung mit Krankheitsherden ihrem Schicksal überlassen.

Nach der Zwangsdeportation in das Osmanische Reich leben nun 90% der Tscherkessen fern ab und beraubt von ihrer ursprünglichen Heimat Weltweit verstreut.
Wir Tscherkessen unsererseits fordern seit Jahrzehnten, dass Russland aufhören soll die historischen Tatsachen zu leugnen und sich ihrem Gewissen stellen soll  – wie die Deutschen gegenüber den Juden nach dem Holocaust. Jedes Jahr am 21 Mai gedenken Tscherkessen in aller Welt an ihre ermordeten Landsleute.
Bis heute wird dieser Genozid seitens russischer Repräsentanten verschwiegen. Die rede ist von „tragischen Ereignissen“, „kriegsbedingte Maßnahmen“, „Kollateralschäden“ des russisch-kaukasischen Krieges. Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi  können wir nur als einen Ausdruck russischer Kolonialpolitik des 21.Jahrhunderts sehen.
Kein Mensch kann es dulden, dass irgendwelche Feste, zynischer Weise ein Fest des Friedens auf den Gebeinen seiner Ahnen veranstaltet werden.
Die Olympischen Winterspiele bieten der russischen Regierung beste Gelegenheit, historische Fakten, nämlich die Massengräber der ermordeten Tscherkessen von 1864, unwiederbringlich zu zerstören.
Da den Tscherkessen im Kaukasus jedwede Meinungsäußerung verwehrt wird, macht nun die Diaspora im Ausland auf das schreckliche Unrecht, dass ein zweites Mal an dem Volk verübt wird, aufmerksam.
Dieses alles entspricht ganz und gar nicht dem Geist und der Idee der Olympiade.
Der Verein erklärt seinen Aufruf dadurch, dass Gerade Deutschland als ein modernes, selbstkritisches, moralisches Land des 21.Jahrhunderts, welches beispielhaft sich nicht ihrer historischen Verantwortung entzogen hat und die Menschenwürde als oberstes Gut ansieht, nicht an diesen Olympischen Winterspielen im Jahre 2014 in Sotschi teilnimmt.





 Tscherkessischer Kulturverein Hamburg e.V."





Bitte beachten: Dieser Text wurde hier eingestellt in der Hoffnung, daß dies dazu beiträgt,  tscherkessischen Stimmen mehr Verbreitung und Gehör in der deutschen Öffentlichkeit zu verleihen. Es ist dies keine Parteinahme meinerseits  für oder gegen einen Boykott der Olympischen Spiele bzw. für oder gegen unterschiedliche politische Haltungen auf Seiten der Tscherkessen und unterschiedliche tscherkessische Protestansätze. Gerne auch kann ich Texte und Aufrufe anderer tscherkessischer Organisationen und Verbände mit eventuell anderen Positionen auf meinem blog miteinstellen. Letztendlich kann die Vielfalt tscherkessischer Positionen nicht als Nachteil, sondern als Vorteil für eine demokratische Protestkultur begriffen werden.