Das Team von Macit Karaahmetoğlu hatte in seiner Stellungnahme mit folgenden Worten auf die Arbeit von Kuban Kural verwiesen:
"Mindestens seit 2006, als Sotchi für die olympischen Winterspiele nominiert wurde, ist mir der Völkermord des Zarenreiches an der Minderheit der Tscherkessen bekannt, weil Kuban Kural aus Istanbul die Kampagne gegen die Spiele auf den Gräbern seiner Vorfahren initiierte."
Aus meiner Sicht ist die Bezugnahme des Büros Karaahmetoğlu auf Kuban Kural ein schönes Indiz dafür, daß Aktionen der tscherkessischen Diaspora in der Türkei mittlerweile auch in Deutschland ein Echo finden. Kuban Kural ist Aktivist bei der türkisch-kaukasischen NGO Caucasus Forum (mit Informationen auf türkisch und englisch), Herausgeber der tscherkessischen Internet-Zeitschrift Guşıps (in türkischer Sprache) und Initiator sowie Moderator der Fernsehsendung Marje (ebenfalls in türkischer Sprache, die einzelnen Sendungen können nachträglich auf youtube angesehen werden). Kuban Kural war im Frühjahr letzen Jahres von russischsprachigen Individuen in Istanbul mit dem Tode bedroht worden und steht nunmehr unter ständigem Polizeischutz.
Das Team von Macit Karaahmetoğlu hatte die Bedrohung Kuban Kurals auf das Schärfste verurteilt. Gleichzeitig hatte es - vor dem Hintergrund der von mir behaupteten weitgehenden Schutzlosigkeit von Aktivisten und Intellektuellen - es als erfreuliches Zeichen gewertet, daß dem Aktivisten von No Sochi 2014 Polizeischutz gewährt wurde. Da ich persönlich mit Kuban Kural in Kontakt stehe und zumindest grob über die Hintergründe des Polizeischutzes informiert war, hatte ich ihn gefragt, ob er Interesse an einer Stellungnahme habe.
Kuban Kural hat mich heute gebeten, mich in seinem Namen bei Macit Karaahmetoğlu für sein Interesse an der Thematik zu bedanken, und mir dabei heute folgende Zeilen geschickt:
"2012 Mayıs ayında başlayan takip ve ardından tehdit edilmem üzerine savcılık yoluyla başlatmış olduğum hukuki süreç konusunda herhangi bir ilerleme sağlanmış değil. Ayrıca savcılık veya emniyet tarafından konuyla ilgili bir soruşturmada yapılmış değil. Hukuki süreçten bir sonuç alamayınca İnsan Hakları Derneği ile birlikte Kafkasya Forumu olarak yaptığımız ortak bir basın açıklaması ile konuyu kamusallaştırdık. Ardından Uluslararası Af Örgütü'nün benim korunmam ile ilgili tüm dünyada başlattığı kampanyanın ve olayın New York Times gibi gazetelere haber olmasının ardından Emniyet Müdürlüğü'ne çağırıldım ve Valilik onayıyla koruma kararı çıkartıldı. Yani koruma kararım başlatılan sivil bir mücadele sonunda Hükümete yapılan sivil baskı sonucunda sağlandı. Tehdit edilmem ile ilgili ise halen bir soruşturma açılmış yada bana herhangi bir bilgilendirme yapılmış değil."
Zu Deutsch:
"Das Justizverfahren, daß ich aufgrund der im Mai 2012 beginnenden
Verfolgung und meiner anschließenden Bedrohung über die
Staatsanwaltschaft angestrengt hatte, hat keinerlei Fortschritt
gezeitigt. Zudem wurden von Seiten der Staatsanwaltschaft oder auch
Polizei keine Ermittlungen zu dieser Angelegenheit angestellt. Da ich
auf dem Weg des Justizverfahrens kein Resultat erhielt, haben wir als
Caucasus Forum diese Angelegenheit zusammen mit dem
Insan Hakları Derneği [Menschenrechtsverein
der Türkei]
in
einer gemeinsamen
Presseerklärung
der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Danach wurde ich, nachdem
Amnesty International bezüglich meines Schutzes eine weltweite
Kampagne begonnen hatte und über die Begebenheit in Zeitungen wie
der New York Times berichtet worden war, ins Polizeipräsidium
bestellt und es wurde mit Zustimmung des Gouverneursamtes der
Beschluß zum Personenschutz herausgegeben. Das heißt, der Beschluß
zum Schutz meiner Person konnte als Resultat eines zivilen Kampfes,
bei dem auf die Regierung ziviler Druck ausgeübt wurde, erwirkt
werden. Bezüglich meiner Bedrohung wurden bis heute keinerlei
Ermittlungen eröffnet bzw. habe ich keinerlei Inkenntnissetzung
erhalten."
Es ist demzufolge nicht automatisch so, daß bedrohte Individuen den notwendigen Schutz erhalten - weder in der Türkei noch in andere Ländern. Letztenlich ist es nicht die Justiz an sich, sondern vielmehr öffentlicher Druck, der etwas bewegt (und bewegen kann!). Ich danke Kuban Kural für die postwendende Stellungnahme und hoffe, daß künftig auf dem Gebiet des Schutzes nordkaukasischer Intellektueller und Aktivisten deutlichere Fortschritte erzielt werden können.
Für andere Fälle, in denen effektiver Schutz fehlte bzw. fehlt, siehe den vorhergehenden post unter:
http://sochi2014-nachgefragt.blogspot.com/2013/09/prazisierende-antwort-des-teams.html
Für andere Fälle, in denen effektiver Schutz fehlte bzw. fehlt, siehe den vorhergehenden post unter:
http://sochi2014-nachgefragt.blogspot.com/2013/09/prazisierende-antwort-des-teams.html