Anne Gellinek ist die Leiterin des ZDF-Studios in Moskau und mächtig stolz darauf, "so taff nachfragen" zu können. Eine Frau also, die sich mutig zwischen allen Behinderungen, die der freien Presse in Rußland in den Weg gesetzt werden, hindurchschlängelt? Es sei zunehmend schwierig für sie, "(k)ritische Interviewpartner für ihre Filme zu finden", bedauert sie, gerade vor diesem Hintergrund gelte jedoch auch: „Die Menschen sind aber froh, dass sich
westliche Medien um sie kümmern.“ Allein, das Fehlen von Interviewpartnern in Bezug auf das Thema "Völkermord an den Tscherkessen" dürfte Anne Gellinek eigentlich nicht beklagen, das Angebot war und ist da, man müßte es denn auch annehmen wollen.
Screenshot von der Osnabrücker Zeitung |
Vielleicht ist Anne Gellinek aber im Moment auch einfach zu beschäftigt. Sie kommentiert nämlich für das ZDF die Eröffnungsfeier in Sotschi. Und sie wird auch weitere Olympia-Übertragungen des ZDF aus Sotschi kommentieren: auf dem Presseportal des ZDF
läßt sich nachlesen, daß das Team
der "Rußland-Kennerin Anne Gellinek", die bereits "seit Jahren mit kritischem Blick die Entwicklung im Reich Putins" begleite, für die gesamte weitere ZDF-Berichterstattung zu den Olympischen Spielen in Sotschi zuständig sei. Zuständig zusammen mit Gellineks Kollegen, "Berufsoptimist" Poschmann.
der "Rußland-Kennerin Anne Gellinek", die bereits "seit Jahren mit kritischem Blick die Entwicklung im Reich Putins" begleite, für die gesamte weitere ZDF-Berichterstattung zu den Olympischen Spielen in Sotschi zuständig sei. Zuständig zusammen mit Gellineks Kollegen, "Berufsoptimist" Poschmann.
Im selbigen Artikel, aus dem die eingangs zitierten Aussagen Gellineks stammen, heißt es zur Olympia-Berichterstattung auf scharfsinnig-analytische Weise: "Olympia bringt den Sendern hohe Einschaltquoten und Reportern die Chance zur Profilierung." In der Tat: die Rechte an der Berichterstattung haben sich ZDF und ARD Schätzungen zu Folge einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe kosten lassen. Aber es kommt ja auch wieder Geld rein, denn das ZDF bietet Werbekunden mit seiner Sotschi-Übertragung ein "(a)bsolutes Premiumfeld" zur "besten Sende- und Werbezeit" (...), denn: "Die Wettkampfstätten und Sportler vor Ort sind „komplett“ werbefrei, lediglich die olympischen Ringe begleiten die Sportler auf ihren Wegen zu den Medaillen. Profitieren Sie so in jeder klassischen Werbeinsel im Rahmen der Übertragung aus Sotschi von einer einmaligen Alleinstellung und einer besonders hohen Aufmerksamkeit." Dann ist wohl auch alles wieder gut.
Da ZDF-Journalisten ja von Natur aus mit "kritischem Blick" ausgestattet sind, stellen dieses pekuniäre Hin- und Her, die journalistischen Profilierungschancen und die Doppelfunktion als Sotschi-Kritiker und Spiele-Kommentator sicher auch keineswegs einen Anlaß für einen journalistischen Interessenkonflikt oder gar für Zweifel an der mutig-dezidierten Haltung deutscher Auslandsreporter dar. Nur die Tscherkessen, die werden sich wahrscheinlich noch ein wenig gedulden müssen. Denn Anne Gellinek wünscht sich nun, "dass nach all den Diskussionen um Putins Politik und die Sicherheitslage
auch der Spaß an diesem internationalen Fest des Sports in Russland
erlebbar wird".