Zarische Truppen, Krasnaja Poljana, 21.5.1864

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Mittwoch, 21. August 2019

Biologischer Rassismus bei Anna Veronika Wendland

Die Historikerin Anna Veronika Wendland präsentiert sich gerne so, als würde in eine rechte Ecke gedrängt allein aufgrund der Tatsache ihrer Atomkraftbefürwortung. Gegebene Schnittmengen mit der AfD im energiepolitischen Bereich führten dazu, daß ihre Argumentation nicht als solche wahrgenommen (ihr in der Sache nicht begegnet) würde; sie werde aufgrund oberflächlicher "Kontaminationslogik" eingeordnet und hinter dieser Praxis verberge sich geistige Intoleranz (bzw. Unduldsamkeit).

In Wirklichkeit äußert sich die Marburger Historikerin selbst immer wieder rassistisch. Meine Kritik aht sie sich zugezogen, (d.h. nicht aufgrund ihres politischen Engagements, das sie nebenher zu ihrer akademischen Laufbahn ausübt), da sie verbal übergriffig und abwertend vorgegangen war in einer FB- Diskussion, die wir über antimuslimsiche Stereotypen bzw. Leugnung des Genozids an den Tscherkessen geführt hatten und sie die Thematisierung staatliche Repressionen gegen (Minderheiten-)Aktivisten und freier Wissenschaft  wie einen in unzulässigen Gesprächsgegenstand behandelte. Mir war zudem eine gewisse (habituelle) Nähe A. V Wendlands zum prorussischen Völkermordleugner J. Baberowski aufgefallen. Ich hatte mit meinen blogposts somit als Erste ihre rechtspopulistischen Anwandlungen (damals nur in Ansätzen erkennbar) kritisiert.

In mindestens einem Falle hat A. V. Wendland nicht nur ethnozentrischen Positionen und kulturrassistische Überlegungen (etwa über "Stammeskulturen" und Muslime)  geäußert, sondern sich indirekt auch auf biologische "Rassenlehren" bezogen. Die Aussagen Wendlands zu einer angeblich angeborenen  "Fremdenfurcht", die ich zunächst auf facebook kommentiert hatte, stellen zugleich ein Beispiel für ihr fachlich unbedarftes (aggressives) Vorgehen gegenüber Kritik an rassistischen Einstellungen dar.























Ich gebe im Folgenden meinen früheren FB-Post hierzu inhaltlich unverändert, mit lediglich orthographischen Korrekturen versehen, wieder:

»A. V. Wendland:   Rassismus - neurechte Ignoranz/Abwehr - aggressiver Antiintellektualismus



Wendland ist kein unbeschriebenes Blatt (wer mir auf FB folgt, weiß bereits einiges über sie). Die Historikerin, die auch bei H. M. Broders "achgut" publiziert, verbreitet gerne das Narrativ, alleine ihre energiepolitischen Positionen sorgten für Schnittmengen mit der AfD; sie würde aufgrund ihrer "dissidentischen" Haltung zum Nuklearausstieg fast schon verfolgt (von mir u.a.) und somit auf unfaire Weise in eine schmuddlige Ecke gerückt.Tatsächlich bin ich mit ihr aneinandergeraten, weil sie auf aggressive Weise das Vorhandensein russischer Repressionen gegen die Tscherkessen (als ethnische Minderheit im Westkaukasus, nachdem diese im 19. Jahrhundert im Zuge einer gewaltsamen russ. Aneignung des Gebiets weitgehend "gesäubert" wurden) in Abrede stellte & als Art Hirngespinst meinerseits abtat. 


Später noch hat sie der Streit mit mir offenbar so sehr beschäftigt, daß sie mich weiterhin im Netz verleumdete (ohne weitere Interaktionen, denn da war sie von mir schon längst blockiert). Auch ist sie dem neurechten Völkermordleugner Jörg Baberowski, der gerne Andere als "irre" bezeichnet, weiterhin in irgendeiner Form zugetan. An Auseinandersetzung über eine faktische Ebene ist kaum zu denken, denn an dieser (von mir längst bereitgestellt) zeigte sie kein Interesse. 

Etliche "achgut"- u. "Novo Argumente"-Beiträge später kristallisiert sich A. V. Wendlands Tendenz zu neurechtem Gedankengut und Verständnis für geschichtsrevisionistische wie rassistische Positionen weiter heraus. Auf FB formuliert Wendland regelmäßig rassistische Kommentare, d.h. solche, die entweder neurechte Erzählungen/ Ideologieelemente verharmlosen oder direkt selbst bedienen. Z.B, wenn sie öffentlich, laut, plump, überheblich/dominant u. "belehrend"... kundtut, was "Rassismus" sei und was nicht zu "Rassismus" als gesellschaftlichem Phänomen gerechnet werden dürfe: Unter einem eMedienbeitrag zur #MeTwo-Debatte [1] behauptete Wendland, eine Körperhaltung könne keine rassistische Einstellung zum Ausdruck bringen. 


Sie spricht damit einem 24-jährigen Studenten seine Rassismuserfahrungen ab, mit Verweis auf angebliche "Natürlichkeit" von Abwehrreaktionen/Angst, wenn Menschen mit "Fremden" konfrontiert seien. Dabei übergeht sie, und das darf einer Kulturwissenschafterin eigentlich gar nicht passieren: "Fremdheit" und "Fremdsein" sind sozial konstruierte Kategorien bzw. Auffassungen darüber, was "fremd" ist, entstehen in einem bestimmten kulturellen Kontext und können variieren. Vermutlich meint sie selbst auch u.a. so etwas wie Haut-/Haarfarbe u. Frisur. 

Derjenige, der in den Augen von Angehörigen der deutschen Mehrheitsgesellschaft "fremd" aussieht, mag in der schwäbischen oder hessischen Provinz geboren sein, den lokalen Dialekt sprechen, Schule und Ausbildung in Deutschland absolviert haben, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen etc., etc. etc., wird aber vermutlich auf manche Mitreisende in der Straßenbahn z.B. "fremder" und "bedrohlicher" wirken, als etwa der Koreaner, der im Businesslook und mit ICE/1. Klasse zur Frankfurter Messe fährt und kein Wort Deutsch spricht. Wenn ich z.B. fest meine Tasche umklammert halte, weil ich eine junge Auszubildende als "Zigeunerin" identifiziert habe, handle ich rassistisch. Körpersprache (z.B. Zurückweichen vor anderen Fahrgästen/ Abwendung vom Sitznachbarn) bildet ein Zeichensystem wie andere menschliche Äußerungen auch und kann sehr wohl Abneigung/Vorurteile/Haß etc. ausdrücken. 

Es geht m. E. deutlich aus Wendlands Kommentar hervor, daß die Historikerin (im rechtspopulistischem Umfeld verortet) auf Negation/Zurückweisung von Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen u. Leugnung der Pervasivität rassistischer Verhaltens in Deutschland aus ist. Dazu benutzt sie Vorstellungen, die antiquiert sind bzw. so gar nicht der aktuellen Höhe wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechen und verbindet sie mit "Kritik" an einer scheinbar überbordenen, gesellschaftlich erstickenden/lähmenden "Political Correctness". Sie bringt ihre "Irrlehren" jedoch vor mit der Autorität der Geisteswissenschaftlerin, als die sie öffentlich identifizierbar ist. Diese Rolle müßte ihr - samt der eigenen Verantwortung - auch bewußt sein. 

Die Darstellung von "Fremdenfurcht" (oder "Fremdenscheu") als quasi natürlicher, angeborener Verhaltensweise (die dem Selbstschutz diene) wurde in neurechten ideologischen Zusammenhängen propagiert. Als "wissenschaftliche" These wurde diese Behauptung u.a. von dem österreichischen Zoologen u. Evolutionsbiologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt vertreten [2]. Von ihm wurde in Zusammenhang mit einer (negativen) Bewertung von Immigration in europäische Staaten auch die Formulierung "kulturferne Ausländer" verwendet [3].Seine biologistischen Erklärungen zu angeblich "stammesgeschichtlichen" Ursprüngen modernen menschl. Verhaltens fügen sich zusammen mit sozialdarwinistischen Vorstellungen [4]. 

In der heutigen Ethnologie wird "Fremdenfurcht" (= "Xenophobie") dagegen als etwas angesehen, das unter bestimmten soziopolitischen Umständen (Nationalstaat etc.) aufkommt und sich auf spezifische kulturelle Muster stützt [5]. Psychologische Studien legen nahe, daß "Rassismus" (nicht deckungsgleich mit "Fremdenfurcht") als Defensivmechanismus sogar mit ungefestigten Persönlichkeitsstrukturen u. Unsicherheit hinsichtlich der eigenen Identität einhergeht und  nicht eine "gesunde" Reaktion ist [6]. 

Eine biologistische, pseudowissenschaftliche Untermauerung (auch: Rechtfertigung) von Rassismus als "Fremdenfurcht" in Anlehnung an Eibl-Eibesfeldt und dessen Lehrer Konrad Lorenz wurde etwa auch von Henning Eichberg, einer prominenten Gründungsfigur der Neuen Rechten und Erfinder des Begriffes "Ethnopluralismus", propagiert [7]. Ob Dr. A. V. Wendlands krude, wissenschaftsferne Auffassungen von "Fremdsein" & "Rassismus" (leider in "belehrender" Form an allgemeinere Öffentlichkeit gerichtet) - direkt den einschlägigen Schriften entnommen wurden oder vermittelt über neurechte Kreise/z.B. auch unbewußt aufgeschnappt bei ihr ankamen, weiß ich nicht. 

Es zeugt allerdings von Unwissen und Reflexionsarmut, überhaupt als Geisteswissenschaftler solche kruden, verkürzenden (biologistischen) Konzepte zu vertreten, auch von mangelnder Bereitschaft, sich mit den Grenzen des eigenen Wissens auseinanderzusetzen, das, was das eigene Fach liefert, als endlich anzuerkennen und dann jeweils auch andere Formen von Fachwissen/ Expertise (diese kann auch praktischer Natur sein) gelten zu lassen. Die Aggressivität (O-Ton: "Das ist Blödsinn"), mit der sie gegen akzeptierte wissenschaftliche Einsichten vorgeht u. an deren Stelle ihr eigenes (politisch-ideologisch geprägtes) "Alltagswissen" setzt, hat Wendland mit (rechts-)populistischen & querfrontigen Akteuren gemein: "Universalgelehrtes" Herumdilettieren. 

[1] https://www.zeit.de/campus/2018-08/rassismus-deutschtuerken-debatte-deutschland/komplettansicht
[2] https://www.br.de/themen/wissen/humanethologe-irenaeus-eibl-eibesfeldt-100.html 
[3] https://web.archive.org/web/20140819083330/http://www.estelmann.com/private/eibl1.htm
[4] https://de.indymedia.org/node/6815 und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13493351.html 
[5] https://www.african.cam.ac.uk/images/files/articles/comaroff [6]https://www.psychologytoday.com/us/blog/out-the-darkness/201801/the-psychology-racism 
[7] Thomas Pfeiffer: »Wir lieben das Fremde – in der Fremde« Ethnopluralismus als Diskursmuster und -strategie im Rechtsextremismus. In: Schellhöh/Reichertz/Heins/ Flender (Hrsg.): Großerzählungen des Extremen, Bielefeld 2018, S. 38«

Als Ergänzung zu obigen Korrekturen sei hier noch mal unterstrichen, daß Rassismus sich keineswegs auf explizite Abwertungen bzw. aktive Ablehnung von beispielsweise "anderen Rassen" beschränkt. Rassistische Einstellungen können auch un(ter)bewußt weitergereicht werden. Eine Kontrastierung von manifestem, "wirkliche[m] Rassismus" mit latenten Mustern, wie sie A.V. Wendland vornimmt, ist sozialwissenschaftlich gesehen unsinnig. Ich empfehle, hierzu auch ein Interview mit Robin DiAngelo in Die Zeit nachzulesen. Die amerikanische Soziologin erklärt darin u.a.:

"Meistens, wenn Weiße über Rassismus sprechen, herrscht die Idee vor, dass Rassisten böse Individuen sind, die absichtlich und bewusst andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft verletzen wollen. Deshalb sehen Weiße meist nur expliziten Rassismus: Sie müssten das N-Wort sagen, bevor viele Weiße Sie als Rassisten sehen würden. Aber wenn das meine Vorstellung eines Rassisten ist, werde ich mir als Weißer niemals eingestehen können, dass auch ich mich rassistisch verhalte. Denn das würde mich zu einem schlechten Menschen machen."

Meine Kritik an ihren Aussagen zu "Angst vor Fremden" muß A. V. Wendland oder mutmaßlich mit ihr assoziierte Personenkreise so sehr gestört haben, daß mein ursprünglicher FB -Post mittlerweile nicht mehr auf meinem account zu sehen ist. Facebook hatte ihn gelöscht, da er (obwohl auch ein grenzverletzender, rufmörderischer Kommentar Wendlands zu mir, den ich zwecks Kommentierung als Screenshot eingestellt hatte, zeitgleich  von FB inkriminiert wurde, ohne daß das Original verschwunden wäre) gegen Community-Standards verstoße. Solch eine Vorgehensweise wählt facebook regulär dann, wennFB-Posts etliche Male bzw. systematisch von einer ganzen Gruppe gemeldet werden. Es zeigt sich hiermit auch (indirekt), daß rechtspopulistische Kreise, die selbst (aus taktischen Gründen) "Pluralismus" anmahnen, gerade keine  Kritik, keine toughen Auseinandersetzungen (jenseits von "Lagerdenken") fördern bzw. willkommen heißen. 
 






Freitag, 19. Juli 2019

"Fachwissen" von Natascha Strobl: Wenn die Welt eine Linzertorte ist

Vielleicht ist Ihnen Natascha Strobl schon auf twitter begegnet. Sie macht sich dort bemerkbar, wenn twitter gerade nal wieder ausschließlich aus denjenigen zu bestehen scheint, die alle das eine (konjunkturell bedingte) Thema entdeckt haben; eine westliche Linke (re)agiert dann gerne auch wie gute Börsenmakler: Schnell "Erklärungen" und Analysen hinterherlegen bzw. ebenfalls in die gleichen Wertpapiere investieren. Vor wenigen Wochen war das Gesprächsthema "Rezo", der zunächst mit klimapolitischen Statements eine aufgeregte Stimmung schuf, dann per tweet, der ein dumpf nachhallendes "Lebensraum" beinhaltete.

Laut Selbstbeschreibung ist Natascha Strobl "aktive Antifaschistin" und bietet "Analysen zu Rechtsextremismus, Faschismus; insbesondere den Identitären und der Neuen Rechten". Fachliche Legitimation verleiht ihr ein abgeschlossenes Politikwissenschaftsstudium. Die taz hält sie tatsächlich für eine "Rechtsextremismusexpertin". Natascha Strobl intervenierte auf twitter gegen Rezo - formal, um Sensibilität für nationalsozialistisch belastete Sprache zu schaffen, einem langsamen Eindringen rechter Ideologie(n) in "normale" Gesellschaftsbereiche vorzubeugen. Das Versprochene kam dann allerdings nicht.

1.

Trotz eines wissenschaftlichen Anspruchs stellte N. Strobl, da ganz das "It-Girl" preziöser
Social-Media-Cliquen, mit einer tweetkette Behauptungen zur Begriffs- bzw. Diskursgeschichte auf, die nicht haltbar sind (nebenher gab sie seltsame pseudolinguistische Belehrungen über "Wörter" und "bloßen Wortsinn" ab). Sie behauptete,"Lebensraum" sei (im 19. Jahrhundert) zunächst ein "Fachbegriff aus der Biologie" gewesen, der dann später "Eingang in einen soziologischen Diskurs" gefunden habe. Sie vertrat also u.a. die Sichtweise, ein ursprünglich "biologischer Fachbegriff" sei "plötzlich" auf menschliche Gemeinschaften angewandt worden:






















Beleg für den eigenen wissenschaftlichen Anspruch: 










Versuchter geistiger Revierschutz (mit Ironie):



















Allerdings hatte, ähnlich wie Natascha Strobl mit ihren Einwändigen gegen dessen tweet, bereits der youtube-Influencer "Rezo" einen "wissenschaftlichen" Anspruch formuliert; eine verunglückte Kritik folgte somit auf die andere.


Tatsächlich wurde "Lebensraum" als akademisches Konzept vom deutschen Geographen Friedrich Ratzel (1844-1904) in den 1890ern geprägt. "Lebensraum" als neue Wortprägung erschien dagegen bereits 1860 in einer Schrift Oscar Peschels (1826-1875), genauer, in einem Artikel über "Ursprung und Verschiedenheit der Menschenrassen". Peschel hatte sich von Charles Darwin inspirieren lassen, adaptierte dessen Ansatz jedoch für die Humangeographie. In Darwins "Entstehung der Arten" selbst sucht man so den Begrif "living spaces" vergeblich; der britische Biologe formulierte auch keine analogen Vorstellungen.

Es handelt sich also um kein unschuldiges, bloßes "Wort", das erst später semantische Schmutzpartikel angezogen hätte. "Lebensraum" entstand nicht als ursprünglich biologischer Begriff; er wurde als Neologismus von Geographen geschaffen und zielte von Anfang an auf menschliche Gemeinschaften. Bei Friedrich Ratzel beinhaltete "Lebensraum" zudem bereits die Vorstellung kontinuierlicher Expansion und eines - in seinen Augen - notwendigen Kampfes um Raum. Er setzte ihn als zugleich "wissenschaftliches" und ideologisches Konzept ein: Diese autoritative Geste sollte helfen, Zustimmung für ein politisches Programm zu gewinnen.

2.

(Ideen-)geschichtliche "Details" und Wortgeschichte sind nicht trivial: Wer sie mißachtet, verbreitet nicht nur wissenschaftlich Falsches, er oder sie verschenkt auch Überzeugungsmöglichkeiten. Fürsprecher eines demokratischen Diskurses machen sich so - auch jenseits des (für gewöhnlich realitätsfernen) Anspruchs, neurechte Akteure im "sachlichen Gespräch" zu überzeugen und zu reformieren - unnötig angreifbar, wie z.B. diese Abwehrreaktionen von linker Seite zeigen:















Das gleiche Twitterprofil auf seiner eigenen Timeline:













Auch, wenn solche Warnhinweise pedantisch klingen mögen: Wo konkrete Begriffsgeschichte oder der weitere Kontext keine Rolle mehr spielen sollen, wird ähnlich "egal", ob Begriffe rechtsextrem konnotiert sind und ob man z.B. "Lebensraum" überhaupt so verwenden sollte, wie Rezo es tat. Wenn man das Faktische nicht mehr respektiert, veräußert man die Grundlagen von Kritik - alles kann dann als Meinung abgetan werden. Kontroversen um Ideengeschichte können dann umso leichter mit 'bloßer Wortklauberei' gleichgesetzt werden.

Die "Rechtsextremismusexpertin" hat allerdings Kritik und Aufforderungen zur Richtigstellung - ganz wie die verzogene Schulhofqueen, die sich vor ihren Freundinnen keine Blöße geben will und feixend ihre Lässigkeit unterstreicht (obwohl sie schon längst weiß, daß sie sich unsinnig und destruktiv verhalten hat), mehrfach dreist ignoriert. Natascha Strobl ähnelt Rezo somit darin, daß sie "wissenschaftliche Autorität" beansprucht, dann aber statt korrekter Darlegungen selbst ein Hörensagen und Vulgärwissen präsentiert, das z.T. mutmaßlich seinerseits den sozialen Netzwerken entnommen ist.

Wo soziale Lautstärke als Ersatz für inhaltlich korrekte Argumentation dient und folgsame Fans eine "Reinehaltung" des politischen Milieus übernehmen können, tun sich zudem Widersprüche auf zwischen quantitativer Überwältigung einerseits und dem Image andererseits, "widerständige", an-archische Perspektiven zu liefern. Darin ähnelt sie dem Verschwörungsideologen Daniele Ganser, der so gerne mit massengängigen 'Anzweiflungen' von 'offiziellen Positionen' mitsamt antisemitischer Erzähstränge posiert. Natascha Strobl hat selbst querfrontigen Schlick durchpflügt. Ihre "Boxenstops" als öffentliche Expertin führten u.a. über das Terrain der Berliner Tageszeitung "Junge Welt", die sich als "nationalbolschewistisch" werten läßt.

3. 

Stellen wird das Inhaltliche voran und widmen uns anschließend den (externen) Plattformen, Auf ihrem blog "Schmetterlingssammlung" hat Natascha Strobl mehrere Beiträge zur Ukraine publiziert. Sie weisen z.T. bereits netzwerktypische Links-Rechts-Schwächen auf. Sie ähneln in Schwerpunktsetzungen und talking points dem, was von putinfreundlichen Querfrontmedien, u.a. von "Junge Welt", bekannt ist. Strobl kaprizierte sich z.B. darauf, das Parteiprogramms von Svoboda zu analysieren - anhand einer englischsprachigen Version auf dem dilettantischen und tendentiösen Blog "Nachdenkseiten" (!).

Ihr Interesse an der nationalistischen, rechtsgerichteten Partei war weder originell noch etwas, das jenseits einer suggestiven Veröffentlichung auf "Nachdenkseiten" befunden hätte. Strobl nutzte das Programm dieser einzelnen Körperschaft, um die "völkischen" Aspekte der ukrainischen Maidanbewegung als solcher herauszustreichen. Ein vergleichbares Interesse an den "Verfassungen" von Luhansk & Donetzk (als "breakaway states" im Osten der Ukraine, unter russischer Protektion stehend, s.a. hier) wie am Parteiprogramm von Svoboda hat Strobl etwa nicht gezeigt.

Offenbar verfügte Strobl nicht über das nötige Regionalwissen: Ihr gelang die Kontextualisierung eines Programms nicht, das nach mehr als 70 Jahren Sowjetherrschaft sowie fortgesetzten russischen Versuchen der Einflußnahme (auch: hybrider Kriegsführung und Gerasimov-Doktrin) entstand. Sie interpretiert so die Absicht von Svoboda, doppelte Staatsbürgerschaften zu unterbinden, als "völkisch". Die Praxis einer großzügigen Paßausgabe durch Rußland (Vorgeschichte hier), vor dem Hintergrund einer "Russkij Mir" ("Russischen Welt"), d.h. vor einer nationalistisch-großmachtpolitischen Agenda, dient jedoch z.T. auch Gebietserweiterungen auf ethnisch-kultureller Grundlage und stellt sich somit als reale Gefahr für benachbarte Länder dar.

 Das Programm von Svoboda (problematisch in z.B: Formulierung "Living Space", von N. Strobl allerdings nicht kommentiert) wird verfremdet, indem u.a. "Ukrainisierung" und Maßnahmen zur Begrenzung von Migration als allseitig migrations- und minderheitenfeindlich gewertet werden - obwohl es um ein Land geht, über dessen östliche Grenzen russische “Urlauber” mit Panzern und Granatenwerfern vorrücken. Im weiteren Beitrag "Europa, Europa über alles" erfahren wir von Strobl, daß die Situation in der Ukraine "komplex" sei; er kontrasiert jedoch westliche Werterhetorik und (implizit) russische Vormachtstellung in der Region auf eine Weise, daß man glauben könnte, aufseiten der Rußländischen Föderation gäbe es keine Dopppelstandards bei "Regufees" - oder daß sie selbst keine Flüchtlingsströme produziere....

Staatliche Gedenkpolitik bezüglich des Holodomor (= künstlich erzeugte Hungersnot unter Stalin) wird als bloßer Versuch historischer Nivellierung bzw. Holocaustleugnung gewertet. Ein Verständnis für die Hypotheken russischen Kolonialismus und Großmachtstrebens wie auch ethnische Hierarchien in der Region scheint Natascha Strobl nicht zu haben. Sie interpretiert, als ob kein spezifisches Wissen nötig sei, man nicht mit Menschen vor Ort, z.B. ukrainischen Anarchisten, sprechen müsse. Es ist allerdings nicht alles so wie bei ihr 'daheim'. Der Anspruch, an alle Länder die gleichen abstrakten Schablonen anlegen zu können, ist letztlich westenzentrisches Überlegenheitsdenken.

Nun offeriert Strobl scheinbar einen Perspektivwechsel, wenn sie - in Infragestellung einer proeuropäischen Haltung - gegen die Denkfigur einer "Gefahr aus dem Osten" anschreibt. Jedoch fehlt ihr die Distanz zum anderen Pol, dem russischen bzw. pro-sowjetischen . Ob bei einer "einerseits-andererseits-Rhetorik" tatsächlich Bemühen um Ausgewogenheit und Multiperspektivität vorliegt oder eben doch whataboutism, läßt sich überprüfen: Inwieweit wurden tatsächlich lokale, regionale, nationale, transnationale Ebenen berücksichtigt und unterschiedliche Akteure - jenseits einer binären Lagerlogik- einbezogen?

Strobl interessierte sich für die Ukraine, als diese aus einer russischen Einflußsphäre auszubrechen drohte; sie stellt die Maidanbewegung (wörtlich bei ihr: "ideologische[...] Nachfolger_innen der SS") als ganz in den faschistischen Traditionen Westeuropas verhaftet dar. Krimtataren, Nogaier oder Tscherkessen als diejenigen, die von Rußland unterworfen, exotisiert und z.T. vernichtet bzw. deportiert wurden, werden von ihr nicht einmal erwähnt. Trotz z.T. fortgesetzter Repression von staatlicher Seite ist ihr die Lage früherer "Kolonialvölker" Rußlands offenbar keinen Kommentar wert. Rund 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges sollte jedoch nun Schluß sein damit, denjenigen, die sich im Zuge des Hitler-Stalin Paktes und des deutschen Krieges an der Ostfront im  "Dazwischen" befanden, keinen eigenen Subjektstatus zuzumessen.

Hier das Fehlen eines "third space" (Bez. nach Homi Bhabha): 


































Zur querfrontigen Anbindung von Natascha Strobl paßt auch, daß sie sich u.a. von Jutta Ditfurth (die 2014 auch noch im Umfeld von "Junge Welt"  anzutreffen war...) empfehlen läßt. Die ÖkoLinxx-Politikerin hatte selbst ein Klima mitgeschaffen, in dem verbale Gewalt gegen "ukrainophile" Facebooknutzer oder bei Hinweisen auf russischen Faschismus bzw. "gelenkte Demokratie" V. Putins  als "normal" erschien. Eine kritische Diskussion war nicht möglich. Auf ihrer Facebook-Seite wurden Tötungsphantasien & "psychiatrische" Diagnosen geäußert - ohne Wiederspruch. D.h.. hier wurde auf zumindest symbolischer Ebene an gerade diejenigen Praktiken angeknüpft, die die frühere Sowjetunion tatsächlich auf Dissidenten anwandte. 



4.

Noch im Frühjahr 2016 trat Natascha Strobl auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz auf, die nicht zur gleichnamigen Stiftung, sondern jährlich von der Zeitung  "Junge Welt" (früher DKP- und Stasi-nah) veranstaltet wird. Auf der RLK treffen sich antisemitische, verschwörungstheoretische, russlandfreundliche Akteure. Im Jahr 2016 waren auf der Veranstaltung u.a. Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine (nur als Gast), Alexej Danckwardt und die türkische Band Grup Yorum (die u.a. bei Bühnenauftritten sich offen zu Baschar al Assad bekennt) anwesend. Letztere hatte 2013 auf Einladung von Bashar Assad in Tartus ein Support-Konzert gegeben:

Grup Yorum, Konzert in Tartus, Syrien (2013), Bildquelle: Facebook

Konzertbesucher in Tartus: "Erdoğan wird gehen, Assad wird bleiben"

Nun spricht prinzipiell nichts gegen den Besuch linker Folkloreveranstaltungen. Andere Menschen gehen in Schützen- oder Trachtenvereine. Natascha Strobl wählt kommunistische Vereinsmeierei. Dies geht so lange in Ordnung, wie man anderen Menschen damit nicht schadet und das eigene Leben nicht in völligen Widerspruch zu den (humanen) Werten und Zielen, zu denen man sich abstrakt bekennt, gerät. Die RLK jedoch - eine Art Totalitaristenspielwiese - kooperiert mit Kräften, die foltern und morden. Die von Rußland und seinen Verbündeten betriebene Großmachtpolitik trifft dabei gerade auch Gruppen, die unter gesamteuropäischem Kolonialismus schon gelitten haben.

Westliche Linke können selbstverständlich über "Kommunismus" nachdenken und von "anderen Verhältnissen" träumen. Wer die Vorteile eines bürgerlichen, gesicherten Lebens in einem stabilen Staat davonträgt, dabei unzufrieden ist, etwa Langeweile oder moralische Leere empfindet, sollte seine inneren Spannungen nicht auf Kosten anderer Menschen ausagieren. Wer weiter entfernte Länder als Kulisse für die eigenen Freiheitsphantasien benutzt, gerade weil er bzw. sie innerhalb nicht ganz so unannehmbarer Strukturen prokrastiniert - wenn es kostspieliger erscheint, diese zu verändern (man müßte z.B. als Preis für etwas Aufrichtigkeit hier und da mal auf ein paar facebook- oder twitter-Likes verzichten) -, handelt nicht solidarisch und denkt schon gar nicht international.

Anderswo findet "Revolution" nun mal nicht zu Bürozeiten statt und kann auch nicht als Hobby in der Freizeit ausgeübt werden: Für tiefgreifende Umwälzungen stehen Menschen vor Ort mit allem, was sie haben, ein; kriegerische Konflikte, insbesondere bürgerkriegsähnliche Zustände, gefährden ihre gesamte Existenz und ihre Familien. Wer glaubt, in der Ferne ließen sich fundamentale Veränderungen leichter, schneller, unkomplizierter umsetzen, weil er oder sie keine Rücksichten auf die dortigen Beziehungsgeflechte und Umstände kennt (oder Menschenleben dort weniger wert scheinen), seine Utopien im Zweifelsfall auch brachial durchsetzen will, reproduziert imperiale Logiken. Der Traum einer (klein-)bürgerlichen Existenz mit Kind, Hund, Gartengrill und Weltrevolution dürfte dagegen oft nicht umsetzbar sein.

Besonderer Programmpunkt der RLK war Alexej Markov, politischer Kommandeur von "Brigade Prisrak" der sogenannten "Volksrepublik von Lugansk" (LPR), d.h. zu prorussischem, separatistischem Gebiet im Osten der Ukraine gehörend. Für die "Volksrepubliken" von Donezk und Luhansk  wird auch die Bezeichung "Novorossiya" genutzt - d.h. "Neurussland", ein historischer Terminus, der schon Ende 18./Anfang 19. Jahrhundert im Zuge russischer kolonialer Eroberung (bis hin zu Tscherkessien) mit utopischen Beiklängen verwendet wurde. Markov versteht sich selbst als Kommunist bzw. stellt sich als solcher dar. Für ein linkes Publikum gab es also 2016 einen Revolutionär (fast) zum Anfassen. Fast, denn Markov wäre bei Einreise nach Deutschland, so berichtete Bild schon vorab, gemäß einer EU-Sanktionsliste, auf der auch sein Name stand, verhaftet worden. So wurde er nur live zugeschaltet. 

In einem vorab aufgenommenen, eingespielten Grußwort trat der  "Humanist im Flecktarn", wie ihn die Rosa-Luxemburg-Konferenz auch nennt, Seite an Seite mit Pjotr Birjukow, Frontkommandeur von "Prisrak", auf. Das Grußwort und die Live-Schaltung standen im Zeichen von Solidarität mit ostukrainischen Separatisten und bedienten sich des altsowjetischen (propagandistisch verwendeten) Feindbildes von "Faschisten" (im Zweifel der jeweilige Gegner), die es zu besiegen gälte... . Es wurde gelungenes Kino geboten. Überhaupt schien man in Luhansk (oder Moskau?) ganz gut zu verstehen, was deutsche Linke, die ansonsten vielleicht "Motorcycle Diaries" mit einem jungen Che Guevara gucken, erwarten und lieben. Markov reckte gegen Ende der Videobotschaft denn auch die Faust und schrie "No pasarán!"

Im Vorfeld geäußerte Kritik an ihrer überhaus russlandfreundlichen Ausrichtung stieß bei der RLK auf taube Herzen und kaum mehr als Spott. Laut Bild wurde auf der Konferenz, im Anschluß an den Redebeitrag Markovs, sogar offen " zur Unterstützung einer Separatisten-Miliz in der Ost-Ukraine, und zum bewaffneten Kampf gegen die ukrainische Regierung aufgerufen".
Natascha Strobl auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2016



















So unscharf und fragwürdig wie das von ihr vermittelte "Wissen" wirkt in Teilen auch N. Strobls politische Haltung. Bezüglich linker Werte lebt sie unverbindlich und inkohärent. Sie tritt auf, als ob es unerheblich wäre, mit welchen Kooperationspartnern und Netzwerken sie "linke" Inhalte vermittelt. Obwohl sie mit "Identitärer Bewegung" einen konventionellen Bereich bearbeitet und sich quasi im "linken mainstream" bzw. auf dem Boden eines bestehenden "antifaschistischen Konsenses" bewegt, scheint sie die Plattformen nutzen zu wollen (statt sich eventuell selbst etwas zu erarbeiten), die für sie mit ihrem speziellen Themenzuschnitt nützlich scheinen und mit denen sie größere Reichweite für die eigene Person erzielen kann - ohne erkennbare Rücksicht auf Andere.

Was in Deutschland mit "linker Optik" beworben wird, kann andernorts für (neo-)imperiale Bestrebungen und Repression ethnischer Minderheiten bzw. Indigener stehen. Die jW-Szene weist prorussische, sektenhafte, verschwörungstheoretische Kontexte auf. Mit z.B. ihrer "Novorossiya"-Solidarität (als ein mögliches Beispiel) werden auch monarchistische und rechtsgerichtete Akteure gestützt. Aus internationaler Sicht steht jW für militärische Gewalt, hybride Einmischung in Nachbarländer und systematische Diskreditierung von Minderheitenbewegungen. Diese Netzwerke in Anspruch zu nehmen ist für Linke dann ungefähr so sinnvoll, wie sich von einem NPD-Funktionär Saal und Veranstaltungsbewerbung bereitstellen zu lassen, um dann über die nach rechts driftende AfD und Antisemitismus bei W. Gedeon zu sprechen.

Innerhalb Deutschlands betreibt eine prorussische, "linke" Querfront (nach Blockkonfrationslogik) gatekeeping: Was unvorteilhaft für das öffentliche Image der Rußländischen Föderation ist, d.h. für sie brisante Themen (wie staatliche Minderheitenpolitik im Nordkaukasus) oder kritische Blickwinkel werden "herausgeplfückt" oder zumindest marginalisiert bze. (z.B. per negativer Assoziationen) politisch "verschrien". Ein stiller, verdeckter Ausschluß, der auch über jW-Strukturen & deren Umfeld  (z.B. auch J. Ditfurth, s.o.) geschieht, zeitigt informationell z.B. derart Folgen, daß in Strobls "Antifaschismus" die entsprechenden ethnischen Gruppen gar nicht mehr vorkommen - es geht in ihm um "Europäer" und Russen bzw. Ukrainer, Polen, Litauer...(also auch Europäer).

In der alten, auf Moskau zentrierten "Friedensbewegung" wurde bürgerliches Engagement so kanalisiert bzw. abgebogen, daß der eigene Militarismus der UdSSR möglichst nicht in den Fokus pazifistischer Kritik geriet. Auf ähnliche Weise fördert die heutige Rußländische Föderation im Ausland auch noch gerne kritische Ansätze und Protestbewegungen, die es im Inland selbst überhaupt nicht duldet bzw. mag:




In der alten Friedensbewegung wurde u.a. so manipuliert: Statt absoluter Kontrolle achtete die SED darauf, an unauffälligere Stellen "Einflußagenten" zu setzen, die bei anstehenden Entscheidungen im Bedarfsfall in die gewünschte Richtung lenken und einen sogenannten - schon fertigen - "Minimalkonsens" propagieren konnten (oder Ressourcen gewährten bzw. entzogen). Im Zuge dieser polittechnologischen Lenkung wurde, wer sich nonkonform verhielt, z.B. mit dem Vorwurf der "Spaltung" linker Bewegungen diszipliniert. Heute folgen auf eine Auseinandersetzung mit russischem Kolonialismus (bezüglich der Ukraine bröckelt die Abwehrhaltung, u.a. da sie EU-Rückhalt genießt: der Nordkaukasus bleibt weitgehend off limits) oft Zensurwünsche und zT. offener Haß in linken Zirkeln.

Strobl bietet also ein ziemlich typisches Beispiel für die Sehgewohnheiten linker Westeuropäer.
Gerade auch da, wo sie einen Perspektivwechsel (siehe auch ihre falschen West-Ost-Dichotomien bezüglich des Rußland-Ukraine-Konfliktes) versucht, fällt sie in eine "slawische" Sichtweise bzw.   macht sich mit den Standpunkten oder Aufmerksamkeitshierarchien eines östlichen Imperialismus gemein und verläßt damit eine kolonialistische europäische Moderne im Grunde nicht.

5.

Letztendlich bilden die mehr oder weniger im Kollektiv betriebenen Auseinandersetzungen mit Rezos "Lebensraum"-tweet auch eine Schein- bzw. Ersatzdiskussion. Es gäbe sehr viel Gewichtigeres, über das dringend diskutiert werden müßte. Rechte Diskursverschiebungen passieren gerade auch über den akademischen Raum. Es sind an deutschen Universitäten Entwicklungen zu verzeichnen, die hin zur Reetablierung bzw. "Neuerfindung" reaktionären Gedankengutes, darunter der alten "Kulturkreis"-Begriff, belastete Raumkonzepte und "Geopolitik" (für einzelne Beispiele siehe hier, hier, hier & hier), gehen. Der bekannte Politikwissenschaftler Herfried Münkler etwa versucht sich an einer "Geopolitik light", die von belastenden Elementen bereinigt sein soll, allerdings weiterhin essentialisierend ist und in einen Querfrontbereich abdriftet (s.u.).

 Eine demokratische Abwehrhaltung sollte da ansetzen, wo neurechtes Gedankengut generiert wird und z.T. sogar Strategien zu seiner Verbreitung entworfen werden. Bei Rezo scheinen Gedankenlosigkeit und Abwehrreflexe gege Kritik zu überwiege;, er bildet als youtuber keinen Maßstab für wissenschaftliche Verfahrensweisen und Fachwissen. Weitaus bedenklicher als seine Verwendung des Begriffs "Lebensraum" ist meines Erachtens, wenn "renommierte" Professoren nicht einsehen bzw. (scheinbar) nicht verstehen können, inwieweit ratzelsche Raumkonzeptionen problematisch sind und warum man an diese nicht wiederanknüpfen sollte. Hier kann man durchaus, wenn nicht in jedem Falle ein völlig durchdachtes, reflektiertes Handeln, so doch eine gewisse intellektuelle Konsistenz und beständigeres Vorgehen, eventuell eine Lust an der Provokation selbst, voraussetzen.

Es stellt eine Trivialisierung und Verharmlosung dar, wenn "kritische Beobachtung" einer
Tendenz hin zu "falschen Fakten", Auflösung von Objektivitätsbegriffs, Wiederbelebung von Gedankengut der "Konservativen Revolution" v.a. im Unterhaltungssektor erfolgt bzw. über die "storylines" und "Denkanstöße" von Social Media Influencern oder bekannten Comedians. Inmitten von Gemeinplätzen, populistischen Zuspitzungen und lautstarker Zielgruppenkompatibilität werden Anliegen, die differenziertere Auseinandersetzungsformen erfordern, ohnehin schnell untergehen. Wenn politisches Kabarett, wie jemand mal bemerkte, in seiner schlechten Form in "Stammtischparolen für Menschen mit Abitur" zu bestehen scheint, also zufriedener Schenkelklopferei statt kritischer Selbstbefragung, so deutet sich hier eine max-uthoffsche Farce  geisteswissenschaftlicher Debatten an.

Im Infotainment-Bereich dürften die politischen Kosten für kritisches Engagement auch geringer ausfallen, als bei Hinterfragung "wissenschaftlicher Autorität", die dank eines institutionalisierten Gefüges und Vernetzungen mit einer Parteienpolitik besondere gesellschaftliche Gültigkeit genießt. Hochschullehrer stehen auf der gesellschaftlichen Verantwortungsskala jedoch weiter oben; man sollte es sich also nicht zu leicht machen und ihr Tun stillschweigend übergehen. Hier hat Strobl bisher keinen Support gegeben - mit einem vermutlich auch persönliche Eitelkeiten bedienenden "Aktivismus gegen rechts". Daß hier tatsächlich ein Bereich ausgespart wird, sollte man u.a. daran erkennen, daß die erwiesene "Abweichung" H. Münklers in einen rechtsesoterischen Bereich hinein - mit 9/11-"Experten" D. Ganser und diplomatischem Personal Rußlands . bisher nicht öffentlich besprochen wurde. Hier scheint das Terrain vermint und die gesellschaftliche Geltung eines "renommierten" Politikberaters groß:

Der renommierte Politologe H. Münkler mit dem Schweizer Verschwörungsheoretiker D. Ganser
6.

Die Fehlauffassung, es habe sich bei "Lebensraum" ursprünglich um einen Begriff aus der Biologie gehandelt, der erst später nationalsozialistisch konnotiert worden hätte, erwächst auch aus einer bipolaren Weltsicht. Im Zuge des Kalten Krieges geriet der russische Imperialismus in einer westlichen Öffentlichkeit (zumindest) in linken Kreisen - in "Vergessenheit". Wer den kolonialen Charakter und auch die Gestaltung der "Zweiten Welt" nach Ideen einer westlichen Moderne ignoriert, schneidet ganze Ideenstränge aus der gesamteuropäischen Geschichte heraus. Ein Ignorieren der Kolonialisierten und Repressierten schmälert auch die eigenen kognitiven Fähigkeiten und verbaut Möglichkeiten von Einsichtnahmen in heutige politische Zusammenhänge. Der geistige Lattenzaun, der oft vor dem ideellen Territorium westlicher Linker errichtet wird, er schadet ihnen.

Das Konzept eines "Lebensraumes" gehört zu umweltdeterministischen Ansätzen, die sich zunächst an das frühe Aufklärungsdenken, z.B. die "Klimatheorie" Montesquieus, anlehnten, im 19. Jahrhundert dann dem Modell von "Biologie" anverwandelt wurden. Sie dienten u.a. als kolonialistische Erklärung für menschliche Differenz. Ausgehend von F. Ratzels Anschauung, "Kulturen" bildeten räumliche Zusammenhänge, breiteten sich von einem Zentrum aus aus (= "Diffusionismus") entwickelte der Ethnologe Leo Frobenius (1873-1938) auch die Lehre von"Kulturkreisen" (1897), die er später durch "Kulturmorphologie" - einer Vorstellung einzelner "Kulturen" als Organismus mit jeweils ihm eigenem Entwicklungweg - ersetzte. Auf ihn baute im 20. Jahrhundert u.a. Samuel Huntington auf. Frobenius wurde in seinen Gedankengängen auch von Oswald Spengler beeinflußt.

Der russische Naturalist Nikolay N. Danilevky (1822-1885) hatte allerdings bereits 1871 in "Russland und Europa" die Existenz von insgesamt 11 "kulturhistorischen Typen" behauptet. Kulturelle Elemente seien nicht beliebig transferierbar, die verschiedenen "Typen" bildeten jeweils eine in sich geschlossene Einheit, ähnlich einer biologischen Spezies. In expliziter Distanzierung vom Evolutionismus Ch. Darwins nahm Danilevsky an, daß jede dieser Einheiten einen eigenen Entwicklungszyklus habe.

Nikolay Danilevsky
Danilevsky hatte u.a. unter Leitung des baltendeutschen Wissenschaften Karl Ernst von Baer an russischen Expeditionen zur Erschließung "asiatischer Gebiete" im Osten Rußlands teilgenommen, studierte intensiv die Fisch- und Pflanzenwelt. Sein 1846 erschienenen Buch "Der Kaukasus und seine Bergbewohner" bot neben Geographie auch recht detaillierte ethnographische Kapitel. Mit seinem "kulturhistorischen" Ansatz in "Russland und Europa" beeinflußte er den späteren Oswald Spengler, mutmaßlich auch den deutschen rechtsintellektuellen Historiker Arthur Moeller van der Bruck.

Natascha Strobl stellt gar nicht heraus, daß bereits im 19. Jahrhundert parallel (und teils in scharfer Abgrenzung) zu einem "biologischen Rassismus" (= Vererbung natürlicher Eigenschaften)  "kulturhistorische" Erklärungsansätze entstanden. Letztere waren auch an "Biologie" als moderner Wissenschaft orientiert, aber organizistisch, nicht genetisch/evolutionär geprägt. Sie können als Vorläufer heutigen Kulturrassismus gelten.. Das Gedankengut der "Konservativen Revolution", um das es hier geht, entstand im engen deutsch-russischen Austausch (s.a. Gerd Koenen: "Der Russland-Konplex").

N. Strobl (zusammen mit Julian Bruns) beschreibt die "Konservative Revolution" so:
"Die ‚Konservative Revolution‘ mit bekannten Vertretern wie Ernst Jünger, Oswald Spengler, Carl Schmitt, Edgar Julius Jung und Arthur Moeller van den Bruck war ein Netzwerk rechtsextremer Intellektueller in der Weimarer Republik, das versuchte, den Sozialismusbegriff umzudeuten und eine nicht-reaktionäre Haltung vertrat [...]. "

Bereits das ist falsch: "Konservative Revolution" als Gruppierung von Intellektuellen ist ein retrospektives Konstrukt. Es diente dazu, Rechtsintellektualismus der Kaiserzeit und Weimarer Republik von diskreditiertem nationalsozialistischem Gedankengut abzusetzen und so an ersteren anknüpfen zu können. Der Sammelbegriff wurde 1949 geprägt von Armin Mohler (1920-2003), der selbst in den Denktraditionen Oswald Spenglers, Ernst Niekischs, Carl Schmitts und Ernst Jüngers stand. Von Natascha Strobl wird Armin Mohler - obwohl Urheber - regelmäßig nicht erwähnt.

Mohler hat sich in seiner Dissertation "Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932" explizit auf russische Quellen für diesen Begriff berufen, u.a. auf die Publikation "Revolutionärer Konservatismus" von Yuri Samarin (1819-1876) und Fedor M. Dmitriev (1829-1894) - 1857 in Berlin erschienen - die von liberaler Warte aus mit diesem Werk den Widerstand gegen die russische (staatliche) Modernisierungsbeweung der "Großen Reformen" charakterisiert hatte (weiteres hierzu in Stephen Shenfield: Russian Fascism: Traditions, Tendencies and Movements, 2001).

Buchtitel "Revolutionärer Konservatismus" (J. Samari/ F. Dmitriev, Berlin 1875)


Das, was die österreichische "Extremismusexpertin" zum Thema bietet, bildet also in einem sehr wörtlichen Sinne Halbwissen, da hier von einer Verflechtungsgeschichte - den geopolitischen Konfliktlinien entlang -  jeweils nur die Hälfte erzählt wird. Ihre Bildungsarbeit steht in Tradition eines linksautoritären "Antifaschismus", der gewohnheitsmäßig das ausgrenzt, was mit russischem Imperialismus bzw. sowjetischen repressiven Herrschaftspraktiken verbunden ist. Sie bietet zwar ein ganz leidlich und abgerundet aussehendes Produkt an, aber sein innerer Gehalt stimmt manchmal  nicht und ernsthafte Qualitätskontrollen durchläuft es vor seiner "Auslieferung" dem ersten Anschein nach (siehe die "Lebensraum"-Erklärungen) wohl auch nicht.

7.

Natascha Strobl, die nicht nur als "Antifaschistin", sondern auch mit feministischen Positionen auftritt, gibt für andere Frauen ein schlechtes Modell ab: Es wirkt abstoßend, wenn das eigene Verhalten signalisiert, "Feminismus" bestehe darin, sich publikumswirksam in der Öffentlichkeit zu platzieren, z.T. gewaltsam Raum einzunehmen und politische Ideologie zu oktroyieren. Wem nützt es, wenn "Frauenrechte" in Widerspruch zu Menschenrechten (auch gegen sonstige Diskriminierungsformen gerichtet) und Demokratie gebracht werden? Auf Frauen kann eine solche "Emanzipation" auch ekelerregend wirken...

 Für mich entsteht der Eindruck, daß es ums Ausleben von Privilegien geht. Anstelle von Solidarität und deliberativen Austausch trifft man auf ein autoritäres Kollektiv, das "Erfolgsgestalten" hervorbringt, deren Funktion es ist, ein "Mögliches" zu symbolisieren, tatsächlich aber mehr gebündelte  Projektion sind denn Ausdruck gesellschaftlich tragfähiger Strukturen. Wie die alte Friedensbewegung von außenpolitischen Strategien der UdSSR profitierte (aus dem Ostblock Ressourcen und ideologische "Festigung" bezog), existieren Kooperationen von FeministInnen mit männlichen, reaktionären, bevormundenden (herrschbegierigen) Netzwerken.

Wenn wir Entführungen, sexuelle Gewalt, Folter, Zwangsarbeit, einen vermeintlichen "Volksgerichtshof" (ohne gültiges Strafgesetzbuch) und standrechtliche Erschießungen unter der Rebellenherrschaft Luhansk als z.B. "kriegsbedingt" außen vor lassen, so propagieren die "Volksrepubliken" dennoch ein konservatives, rückständiges (misogynes) Rollenverständnis. Einer der örtlichen Befehlshaber von Luhansk versuchte im Oktober 2014, den Aufenthalt von Frauen in Cafes und Bars zu verbieten, drohte mit Verhaftungen bei Zuwiderhandlung. Frauen sollten sich auf den "Herd" und Aufzucht der Kinder konzentrieren, so sagte er, zum Zeitvertreib könnten sie sticken oder Piroggen backen; sie sollten sich außerdem auf ihre "Spiritualität" besinnen.

Es handelte sich bei dem Vortragenden um Alexej Mozgovoj, den Kommandanten der Prizrak-Brigade, d.h. um den Chef des "Humanisten in Tarnfleck", der auf der RLK heftig beklatscht worden war:


Dienstag, 21. November 2017

Männer, die Manieren haben: Jan Claas Behrends

Bei der Ablehnung von Baberowski-Kritik wird oftmals die Form vorgeschoben, eine seriöse inhaltliche Auseinandersetzung sei jedoch statthaft. Wie Baberowski-Befürworter sich selbst diskursiv benehmen, davon handelt dieser Text.

 Einer meiner Kollegen, die zur Völkermordleugnung Jörg Baberowkis und meiner Kritik daran schweigen, mir und anderen aber den Eindruck vermitteln, ich hätte kein sozialkomatibles Verhalten an den Tag gelegt und würde darum nicht weiter berücksichtigt werden, ist Jan Claas Behrends.

Der Osteuropa-Historiker Jan Claas Behrends war nach seiner Promotion mit Prof. Dr. Jörg Baberowski als Gutachter ab 2005 an dessen Lehrstuhl an der HU als wissenschaflicher Mitarbeiter angestellt. Es hat also jahrelang ein Abhängigkeitsverhältnis mit dem umstrittenen Professor bestanden. Er wirkt in den sozialen Netzwerken sichtlich bemüht, seinen ehemaligen Mentor vom Verdacht unangemessenen Verhaltens und ethische Grenzen überschreitender inhaltlicher Positionen freizusprechen.


1. Der falsche Stil - meint Jan Claas Behrends

Auf meine Texte zu Jörg Baberowski, in denen ich mich mit seiner Fehldarstellung der Geschichte des Westkaukasus und der blutigen russischen Eroberungspolitik sowie seinen recht abrupten akademischen Meinungswechseln unter dem Eindruck politischer Transformationsprozesse auseinandergesetzt habe, ist Jan Claas Behrends, wie andere meiner Fachkollegen auch, nie eingegangen. Nachdem ich kurze Zeit mit Jan Claas Behrends über Facebook in Kontakt gestanden war, wurde ich von ihm ca. im Frühsommer 2015 entfreundet. Ich hatte mit Facebook-Posts Jörg Baberowskis Auftritte bei einem Lokalverband von "Die Linke" und kurz darauf bei der  linksrechten, geschichtsrevisionistisch engagierten, rückwärtsgewandten "Preussischen Gesellschaft" kritisiert. Beide Veranstaltungsrahmen könnte man als russlandnah bzw. wenig distanziert gegenüber der Politik der Regierung Putin bezeichnen.

Als ich Jan Claas Behrends noch einmal über den Weg lief, habe ich ihn auf den Kontaktabbruch angesprochen. Anlaß war ein Text Behrends gewesen, der gerade das sozialdemokratische Schweigen zu der Bombardierung Groznys als Hauptstadt des um seine Unabhängigkeit kämpfenden Tschetscheniens thematisierte und da scharfe Worte fand:



Behrends warf mir also indirekt vor, meine Kritik an Jörg Baberowski nicht angemessen vorgebracht zu haben und da ein inakzeptables Verhalten an den Tag gelegt zu haben (ohne spezifisch zu werden). Er subsumierte mich unter die "Wutbürger". Baberowski-Kritikern ein schlechtes Gewissen einzujagen, indem man ihnen unterstellt, gegen den gesellschaftlichen Anstand zu verstoßen und sich asozial bzw. delinquent zu verhalten, ist eine oft benutzte, schon fast typische Vorgehensweise der Baberowski-Befürworter.

Die hier gezeigte Reaktion ist besonders apart, wenn man bedenkt, daß der offenbar von Behrends weiterhin geschätzte Mentor in seinen feuilletonistischen Artikeln ständig ein sehr plakatives, neurechts klingendes Vokabular und entsprechende Denkfiguren auffährt, sein Handwerk auf das Schüren von Unzufriedenheit und Ressentiments gegen "die Eliten", "die Politiker", Merkel etc. verlegt. Wie ich mich jenseits meiner Facebook-Aktivitäten, in meinen samt wissenschaftlicher Argumentationen, Fachliteratur und Quellen vorgebrachten Texten auf meinem Blog geäußert habe, und daß ich dort Jörg Baberowski Geschichtsklitterung in Bezug auf die russische Kolonialgeschichte im Nordkaukasus nachweisen konnte, hat Behrends offenbar weiterhin nicht interessiert.
 
2. Fakten und Form


Jan Claas Behrends hat sich mittlerweile denjenigen (auch Kollegen) angeschlossen, die auf Facebook mit Hetze, d.h. Verleumdungen und sehr persönlichen Angriffen, die wirklich nicht mehr als "Kritik" bezeichnet werden können, gegen mich vorgehen. Das sieht dann u.a. so aus:


Der sogenannte "Brief" an mich, der hier gepostet wurde, ist eigentlich ein diffamierender Text eines wütenden, aufgebrachten, mich stalkenden Mannes, den ich schon seit langem blockiert habe. Ob das, was an "Fakten" und Anschuldigungen im hier von einem Thorsten Müller verlinken Text vorgebracht wird, überhaupt stimmt, scheint Behrends nicht zu kümmern. Er unterstützt damit, daß der Geschichtsrevisionismus seiner eigenen ehemaligen HU-Umgebung - Jörg Baberowski entstellt die russische Kolonialpolitik im Westkaukasus samt genozidaler Gewalt, sein HU-Kollege, Politikwissenschaftler Herfried Münkler, stellt den Deutschen Colmar von der Golz, der mutmaßlich die ersten Pläne zur Deportation der Armenier im zerbrechenden Osmanischen Reich entworfen hatte, als eine Art Rollenvorbild dar - auf mich projiziert wird bzw. gespiegelt wird auf seine Kritiker.

(Anlaß für Thorsten Müller war übrigens mein Eintreten für Meinungsfreiheit bzw. ein differenzierender Kommentar meinersets zum drohenden Verbot der Internetplattform "indymedia/linksunten" gewesen, gerade da dort putinritische linke Texte hatten erscheinen können. So wurde denn hier vor mir gewarnt.)

Schauen wir uns aber auch die Umgebung an, in der Behrends auftritt, die er meiner Gesellschaft und meiner inhaltlichen Baberowski-Kritik vorzieht:


Und weiter:


Man könnte meinen, man befände sich in einem Wirtshaus, wenn man sich die (im übertragenen Sinne) schenkelklopfenden, johlenden, buhenden Profile mit ihren Kommentaren zu meiner Person, die sich mit meinen Inhalten, meinen Arguemntationen, meinem politischen Engagement gar nicht beschäftigen, ansieht. Unter denjenigen, die meine "Verwirrtheit" beurteilen, befinden sich beispielsweise ein Bestattungsunternehmer und der Inhaber eines Reisebüros - mit dieser Kompetenz muß ich mich dann u.a. im Netz bewerten laassen.

3. "Denunziation", Hexenjagd, Tugenddiktatur & Co.

Auch anderen Baberowski-Kritikern gegenüber verhält sich Behrends sehr abwertend, geht wenig zimperlich, beschuldigend, emotionalisiert, abwertend vor. Das tut er selbst dann, wenn es sich bei den Autoren um renommierte Professoren wie untenstehend Andreas Fischer-Lescano handelt, der sich um sachliche Betrachtungen und stichhaltige Argumente sehr bemüht.

Das schrille, extremistische Vokabular und die überzeichneten Bilder, die Jörg Baberowski benutzt, wenn er mit gegen ihn gerichter Kritik (die sich auf seine wissenschaftlichen Inhalte und seine politischen Positionierungen in Feuilletontexten bezieht und eben nicht auf sein Aussehen, sein Alter, seinen Familienstand, seine sexuelle Orientierung....) nicht umgehen kann, dürfte mitterweile hinreichend bekannt sein. Dazu gehören der Vorwurf der "Denunziation", "Tugendterror", die Bezeichung von Gegnern als "Stalinisten" und das Klagen über eine vermeintliche soziale Isolierung und Ausgrenzung. Seine Fans behaupten, es würde eine regelrechte "Hexenjagd" gegen ihn stattfinden. 

 Behrends schließt sich dem Totalitarismusvokabular-Verschnitt fast nahtlos an:


 Weiteres "Austeilen" gegen Fischer-Lescano:


Auch der Historiker bzw. NS-Experte Prof. Dr. Wolfgang Benz scheint mit seinem Artikel zu Jörg Baberowski in den Augen des ehemaligen HU-Kollegen Jan Claas Beherends ein "Denunziant" zu sein:


Für denjenigen, der an anderer Stelle für einen "Aufstand der Anständigen" eingefordert hatte und dezidiert für eine neue Ostpolitik, die weniger entgegenkommend für Putin gestaltet werden sollte, plädiert, sind das reichlich merkwürdige Verhaltensweisen. Zugunsten eines Professors, der abstritt, daß es einen Völkermord an den Tscherkessen gegeben hat bzw. auch nur systematische, großflächige Deportationen  (es geht um die Leugnung der  historischen Abläufe und der Systematik des russischen Vorgehens, nicht um die Bezeichung "Völkermord" und die juristische Wertung an sich) und der an Kolonialdiskurse Rußlands anschließt, der sich auch bis zu einem gewissen Grad mit dem repressiven russischen Vorgehen im Forschungsbetrieb in der RF gemein macht, der ferner im politischen Bereich für Verständnis für Putin wirbt und seinem Zeitungspublikum russische Phantomschmerzen aufgrund des Untergangs des Sowjetimperiums erklärt, der ferner zusammen mit Gabriele Krone-Schmalz auftritt, wirft sich Behrends in die Bresche, als ob es gelte, die Meinungsfreiheit selbst zu verteidigen.

Eine neue Ostpolitik, das sei hier nebenbei gesagt,  kann da sicher schwerlich abfallen, wo sich diejenigen, die sich als ihre vordersten Vertreter zeigen, selbst nicht abnabeln von den putinfreundlichen, machtdurchdränkten Strukturen, die ihnen ihre Karrieren und das Erlangen von Einflußmöglichkeiten eröffnet haben. Eine prinzipientreue, demokratische Ostpolitik kann nicht gelingen, falls man sich nicht zu gewissen Standards bekennt, nicht die gleichen Regeln für alle gelten sollen, man sachlichen Argumentationen und Auseinandersetzungen aus dem Wege geht, sie abstuft und regelrecht schlechtredet. 

Man sollte den Mut nicht verlieren und sich nicht einschüchtern lassen von denjenigen barschen Personen, die mit Anschuldigungen und "moralischen" Rügen (man könnte auch sagen: Unterstellungen) gegen ihre Gegner arbeiten, während sie selbst kein faires, gesetztes Verhalten zeigen. Man sollte immer überprüfen, wie es denn mit der Einhaltung von Regelwerk und mit der Orientierung an verbindlichen Maßstäben (für alle) tatsächlich aussieht.


Sonntag, 17. September 2017

Grüne, die sich nicht von Fake News, Rechtspopulismus und Islamhaß distanzieren

Grenzen nach rechts werden nicht mehr gezogen, stattdessen werden Krtiiker von rechtspopulistischen Zusammenhängen delegitimiert. 

Um was auch man Grünen-Vertreter fragt, sie reagieren fast nie angemessen, schauen systematisch weg, widmen sich gesellschaftlichen Fehlentwicklungen nicht, auch da, wo sie eigentlich bequem gegensteuern könnten; meine dokumentiert Erfahrung zeigt, daß sie sich regelmäßig ihrer eigenen politischen Verantwortung entziehen. Dies zeigt sich auch im Bereich rechtspopulistischer Medien und extremistischer, unsere Gesellschaft polarisierender Stimmungsmache. Nicht nur der Völkermord an den Tscherkessen erscheint als ein zu "schwieriges" und gleichzeitig zu  unbedeutendes Thema, so daß Grüne meinen, sich damit nicht damit beschäftigen würden. Dieselben Schweige- und Ausblendmechanismen, mangelnde Abgrenzung gegenüber rechten Akteuren, das Fehlen klarer demokratischer Signale gegenüber migrantenfeindlicher Stimmungsmache, Geschichtsrevisionisten, Verschwörungstheoretikern.... , zeigen sich an allen Ecken und Enden. Sie sind zu beobachten
vom niedrigschwelligen Alltagsbereich bis hin in die ganz große, bedeutsame  internationale Politik.

Ein medialer Akteur, von denen sich Grüne oder Grünen-Fans nicht distanzieren, ist Tomas Spahn, der für "Tichys Einblick" und gelegentlich auch für die islamophobe "Achse des Guten" schreibt. Der frühere Kommunikationsberater war, bevor er dank Tichy eine größere rechtspopulistische  Plattform erhielt, als Autor ziemlich unbedeutend. Er verbreitet alarmistische Fake-News über die "Untaten" von Migranten und/oder muslimischen Flüchtlingen, nimmt in seinen eigenen Statements verschwörungstheoretische Perspektiven ein und hat sich als Publizist der Reihe nach an prominenten muslimischen Stimmen in der deutschen Öffentlichkeit abgearbeitet (siehe auch bei hier  unter "Tomas Spahn"). Seine politischen Gegner und Kritiker werden von Spahn und Freunden ausgestellt, beleidigt, verleumdet, er sorgt für weitere Pöbeleien. Geduldet wird er in "putinkritischen" Kreisen vermutlich, weil er als "scharfer Hund" gegenüber Rußland gelten kann und somit nützlich erscheint. Eine vermeintliche "klare Kante" gegenüber Putin bringt allerdings hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse wenig, wenn er gleichzeitig,  über die Rückhand, die AfD bedient und auf ähnliche Weise auf Fake News und entzweiende Desinformation verbreitet werden, wie das die pro-putinschen Kreise selbst tun.

Ich habe mehrfach versucht, meine russlandkritischen Facebook-Freunde (u.a. diejenigen, bei denen mir Facebook angezeigt hat, daß sie gleichzeitig mit Tomas Spahn befreundet sind), auf die Art der publizistischen Aktivitäten Tomas Spahns hinzuweisen, ich betrachte die Tichy-Texte sogar als eine Art "Einstiegsdroge" für den AfD- und Pegida-Bereich. Im konkreten Falle waren es auf Grünen-Seite Ralf Fuecks und Jens Siegert gewesen, die von mir freundlich und höflich angesprochen wurden, sich aber bis heute nicht in dieser Sache geregt haben:



Jens Siegert hat von 1999-2015 das Moskauer Büros der grünennahen Boell-Stiftung geleitet (bzw. mitaufgebaut) und trägt damit auch Verantwortung für das umfänglicheNichtthematisieren des Völkermordes an den Tscherkessen beim russischen Ableger dieser Stiftung. Er wird außerdem als Berater der Menschenrechtsorganisation "Memorial" aufgeführt und hat sich auch direkt bei den Grünen engagiert. Ralf Fücks war von 1996 bis 2017 Vorstandsmitglied der Boell-Stiftung, er war seit 1982 bei den Grünen tätig. Über ihn heißt es auf der Webpräsenz der Boell-Stiftung: "Als Mitglied der Grundsatzprogramm-Kommission und anderer Beratungsgremien von Bündnis 90/Die Grünen hält er die Verbindung zwischen Stiftung und Partei.".Offiziell will Bündnis 90/Die Grünen Rechtspopulismus "auf allen Ebenen" bekämpfen und "Menschenwürde schützen" - das geht aber nicht, wenn man mit Menschen koopieriert, die systematisch die Rechte Anderer verlezten und man diese dabei nicht in ihre Grenzen verweist.

Daß beide auf mein Anschreiben hin gar nicht reagierten, sich auch anderweitig keine Distanzierungen oder Korrekturversuche finden lassen, zeigt meines Erachtens, daß sie in diesem Bereich keine Widerständigkeit gegenüber rechtspopulisitschen Diskursen praktizieren, kein werteorientiertes Handeln vorweisen und da keine echte, mühselige politische Arbeit stattfindet. Parallel zu einem abstrakten Hantieren mit (theoretischen) Positionen, Memes und Slogans werden tatsächlich die eigenen Netzwerkinteressen bedient. Auf gleiche Weise setzen auch andere Grüne immer wieder ungünstige Akzente, werden Weichen falsch gestellt, werden das Aussitzen, Wegducken, Kungeln aus Opportunismus heraus oder einfach Gleichgültigkeit als politisches Modell  vorgelebt. Es würde jedoch durchaus gesellschaftlich einen Unterschied machen, ob sich Personen des öffentlichen Lebens von hetzerischen Medien wie "Tichys Einblick" oder "achgut" und islamophoben Publizisten wie Tomas Spahn distanzieren. Stattdessen findet mit der Beehrung des rechtspopulistischen Umfeldes durch die eigene Person eine Normalisierung und gesellschaftliche Legitimierung derartiger Positionen statt. Durch den Unwillen, gleiches gleich zu behandeln, allgemein verbindliche Regeln durchzusetzen (Fake News etwa unabhänig von Thema und Anliegen als berufsethisches " no go" zu brandmarken...), vollzieht sich eine weitere gesellschaftliche Zersplitterung.

Einzelhandlungen, mittels derer rechtspopulistische Akteure gestärkt bzw. entschuldigt werden, setzen sich auf Dauer zu ganzen Handlungsmustern zusammen, diesen verfestigen sich  letztendlich zu gesellschaftlichen Strukturen (siehe auch Berger/Luckmann in "Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit"). Während auf der einen Seite legitimiert wird, findet hinsichtlich derer, die mit rechtspopulistischen Diskursen nichts anfangen können, davon negativ berührt werden, sukzessive ein Ausschluß statt., werden diese aus einem (u.a.., da gewisse Regeln nicht mehr für alle geltend gemacht werden) gemeinschaftlichen Raum hinausgedrängt. Den Grünen fehlt offenbar auch ein Sinn für Ansatzpunkte, für konkretes politisches Tätigwerden und ein Verständnis bzw. Interesse dafür, daß ein Einschreiten gerade auch im Detail  gesellschaftliche Dynamiken insgesamt beeinflussen würde und wieder in eine positivere Richtung kehren könnte. Es wird mit abstrakten Bekundungen gegen "Rechtspopulismus" dann im Grunde ein mächtiger, schlecht anzugreifender, ferner Anderer erzeugt, wie das in etwa auch bei Verschwörungstheorien der Fall ist. Bezogen auf die eigentlichen, zu lösenden gesellschaftlichen Probleme und politischen Mißstände wirkt dies entpolitisierend und handlungslähmend. Offensichtlich kommen hier Korrelationen zwischen Wirklichkeit und Programm und das Verständnis für gesellschaftliche Dynamiken und Zusammenhänge abhanden.

Bündnis 90/Die Grünen tragen damit letztendlich auch selbst Schuld an ihren schlechten Umfragewerten und dem Stimmengewinn am rechten Rand, sie haben gewohnheitsmäßig rechtspopulistische Kräfte begünstigt, sie besänftigt, a-demokratische Zugeständnisse gemacht, rechtspopulistische Stimmungsmacher über verschiedene Mechanismen eingebunden und sozial legitimiert, während sie etwa auf Muslime und muslimische Interessen keine Rücksicht genommen haben, während sie anderen Menschen eine sinnvolle Kommunikation verweigern und damit auch konsequenter vorgehende, demokratischere Kräfte an den Rand drängen, ihnen zunehmend gesellschaftliche Solidarität und demokratische Teilhabe entziehen.

Fuecks und Spahn etwa sind heute noch miteinander befreundet: